Werden die USA zum Vorbild beim Klimaschutz? Präsident Obamas Ankündigung, in den USA die Treibhausgase um 30 Prozent bis 2030 gemessen an 2015 zu senken, könnte dem Klimaschutz weltweit einen neuen Schub verleihen. Die bisherigen Ausreden der EU und Deutschlands, die USA und China würden bremsen und deshalb habe ein Alleingang der EU leider, leider keinen Sinn, entfallen ab sofort.
Auch China hat angekündigt, in sechs Provinzen die Kohlenutzung zu reduzieren und die erneuerbaren Energien stark zu fördern. Deutschland und die EU müssen jetzt versuchen, den Anschluss an die neue Klimapolitik der USA und Chinas nicht zu verlieren und rasch ebenfalls ehrgeizigere Ziel formulieren.
Schon bisher sind die CO2-Emissionen in den USA seit 2005 um 10 Prozent gesunken – dank der Umstellung von Kohle auf Gas. Umgekehrt in Deutschland: hier sind die Treibhausgase seit drei Jahren gestiegen – trotz Energiewende-Politik!
Auch in Deutschland und Polen müssen jetzt die Anstrengungen um eine Reduktion der Kohleverstromung verstärkt werden. Das heißt: Gabriel und Merkel müssen jetzt Obama folgen, auf den sie bisher stets verweisen konnten, wenn sie bremsten.
Paris ist 2015 Gastgeber der nächsten Weltklima-Konferenz. Es ist deshalb für die EU hohe Zeit, aus der derzeitigen Klimastarre aufzuwachen. Minister Gabriel sollte endlich Energiewende-Minister werden und nicht weiter den Kohleminister spielen.
Lernen von Obama, Sigmar Gabriel! Dieser ging mit seiner neuen Klimapolitik ein hohes Risiko ein. Obama eindeutig: „Als Präsident und als Vater weigere ich mich, unseren Kindern einen Planeten zu hinterlassen, der nicht mehr repariert werden kann.“
Seinen Demokraten drohen in den Kohlestaaten Kentucky, Wyoming, West Virginia, Indiana und North Dakota bei den Wahlen im Herbst 2014 herbe Verluste. Obama könnte durch seine neue, mutige Klimapolitik seine knappe Mehrheit im Senat verlieren. In den genannten Staaten gibt es für den Präsidenten heftigen Gegenwind nicht nur von den oppositionellen Republikanern, sondern auch von den eigenen Demokraten.
So kündigte in West Virginia die demokratische Senatorin Natalie Tennant bereits reflexhaft an: „Ich werde Präsident Obama und jeden anderen bekämpfen, der versucht, unsere Kohlejobs zu gefährden.“
Die Republikaner verlangen von Obama ohnehin, sofort seinen „Krieg gegen die Kohle“ zu beenden. Diese Volksverdummung ist auf ähnlichem Niveau auch hierzulande bekannt. Dass durch erneuerbare Energien weit mehr Arbeitsplätze entstehen als in der alten Kohlewirtschaft wegfallen, wird von den Republikanern in den USA ebenso bewusst verschwiegen wie vom Sozialdemokraten Gabriel in Deutschland.
Die Reflexe gegen das Neue sind überall dieselben. Dabei wird völlig übersehen, dass Sonne und Wind keine Rechnung schicken während die alten Energieträger immer teurer werden, vor allem wegen ihrer Endlichkeit, und dass sie „Ewigkeitskosten“ verursachen.
Ohne Kampf wird es keine Energiewende geben. Weder in den USA noch in Europa noch sonst wo in der Welt. Das war noch nie anders, wenn es um einen grundsätzlichen Strukturwandel geht. Sicher ist: Die erneuerbaren Energien werden sich durchsetzen, denn alle alten fossil-atomaren Energieträger gehen rasch zu Ende.
Die offene Frage jedoch bleibt: wie viel erlauben wir den alten Energien noch kaputt zu machen? Die Erzählung vom Klimawandel ist kein Heimatroman, sondern die Überlebensfrage der Menschheit. Mit der alten Energiepolitik führen wir einen Dritten Weltkrieg gegen die Natur und damit gegen uns selbst.
– Der Autor Franz Alt ist Journalist, Buchautor und Fernsehmoderator. Er wurde bekannt durch das ARD-Magazin „Report“, das er bis 1992 leitete und moderierte. Bis 2003 leitete er die Zukunftsredaktion „Zeitsprung“ im SWR, seit 1997 das Magazin „Querdenker“ und ab 2000 das Magazin „Grenzenlos“ in 3sat. Die Erstveröffentlichung des Beitrags erfolgte aufwww.sonnenseite.com. Franz Alt schreibt dort regelmäßig. –
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