„Netze gehören nicht in private Hand“

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Was sind die Vorteile von Stromnetzen in Bürgerhand?
Die Stromnetze sind einer der Schlüssel für die Energiewende. Sie müssen an die Bedürfnisse der dezentralen erneuerbaren Energien angepasst werden. Das gelingt aber nur, wenn die Netzbetreiber dies auch selbst wollen und vorantreiben. Die Bürger haben das größte Interesse daran und können als Netzeigentümer dafür garantieren, dass der Umbau vorangetrieben wird. Auch im bestehenden Regulierungsregime gibt es Spielräume für Netzbetreiber, um die Energiewende zu fördern. Ein Energieversorger wie Vattenfall, der nicht nur das Netz betreibt, sondern gleichzeitig auch fossile Großkraftwerke betreibt, wird diese nie ausnutzen. Schließlich geht es bei den Netzen auch um viel Geld: Die Gewinne können bei einem bürgereigenen Netzbetreiber in der Region bleiben und zu den Menschen zurückfließen.
Welche besonderen Herausforderungen sehen Sie für Netzbetreiber in genossenschaftlicher Hand?
Eine Bürgergenossenschaft muss sich im Vergabeverfahren gegen die etablierten Akteure durchsetzen und eigene Strukturen neu aufbauen. Das ist eine große Herausforderung. Auf der anderen Seite hat ein bürgereigener Bewerber immer den größten politischen Rückhalt in der Bevölkerung. Dies ist für die politischen Entscheidungsträger ein zentrales Kriterium.
Welche Aufgaben erfüllen private Betreiber aus ihrer Sicht nur unzureichend?
Netze sind Daseinsvorsorge. Sie gehören nicht in private Hand, sondern sollten demokratisch kontrolliert werden. Ein Netzbetreiber in Bürgerhand hat andere Interessen als ein rein gewinnorientiertes Unternehmen. Wenn eine Bürgergenossenschaft das Netz (mit-)betreibt, kann sie zum Beispiel dafür sorgen, dass Gewinne reinvestiert werden und muss nicht auf die maximale Rendite setzen. Außerdem kann sie darüber wachen, dass Transparenz herrscht und sowohl kommunale als auch private Partner kontrollieren.
Könnte das gescheiterte Referendum in Berlin Signalwirkung für ähnliche anstehende Entscheidungen in anderen deutschen Regionen haben oder glauben Sie eher, dass von den nun erfolgten Vorstößen in Berlin und Hamburg eine Signalwirkung ausgeht, dass sich viele andere Kommunen auch um den Rückkauf der Netze bemühen werden?
Dem Volksentscheid in Berlin fehlten nur wenige Stimmen zum Erfolg. Das politische Signal, um das es ging, ist dennoch sehr stark: Den Berlinern ist die Zukunft ihres Stromnetzes nicht egal, im Gegenteil. Auch Vattenfall als Netzbetreiber haben die Wähler mit über 80 Prozent Zustimmung zum Entscheid eine klare Absage erteilt. Nun kommt es auf die Politik an: Denn der Volksentscheid war noch keine Entscheidung über das Stromnetz, diese wird erst in den kommenden Monaten vom Berliner Senat getroffen. Wenn er dem Wählerwillen gerecht werden will, dann darf er das Stromnetz nicht erneut an Vattenfall vergeben, sondern sollte selbst Verantwortung übernehmen und mit der Beteiligung einer Genossenschaft für echte Bürgermitsprache sorgen.
Engagieren Sie sich auch jenseits der Netze für Bürgerenergie?
Ich engagiere mich seit Langem für einen nachhaltige und faire Energieversorgung. Dazu gehören nicht nur Netze und Energieanlagen in Bürgerhand, sondern auch eine Energielandschaft ohne Atomkraftwerke. Gerade im Zuge der politischen Entwicklung rund um die Bundestagswahl werden wir uns wieder verstärkt gegen Atom- und Kohlekraftwerke engagieren müssen, um die Energiewende voranzubringen. Daher gehe ich auch am 30. November bei der Energiewende-Großdemo auf die Straße.
Die Fragen stellten David Gaden/Sandra Enkhardt.
Dasvollständige Programm des Forum Solarpraxis am 21./22. November in Berlin können Sie online einsehen und sich auch gleichfür die Konferenz anmelden.

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