Passt nicht

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Warum ist es nötig, über Steckverbinder zu schreiben? Eigentlich könnte die Installation an diesem Punkt sehr einfach sein. Hersteller müssten sich auf einen Industriestandard einigen – dann wären die Produkte zumindest prinzipiell kompatibel. Ähnlich wie bei einem Radio. Wer ein solches kauft, kann sich sicher sein, dass der Stecker in die Steckdose passt.
Ganz anders bei Modulen: Beim Bau von Solarparks ist das ein immer wieder auftauchendes Ärgernis, das zu Überraschungen in der heißen Bauphase führt und viel Kapazitäten bindet. Welche Stecker man nehmen muss, bestimmt der Modulhersteller, der die Stecker am Modul vorkonfektioniert. Der gesamte Bau muss sich danach richten, da die Module am Ende der Stränge kontaktiert werden müssen. Immer noch gibt es ähnlich wie bei Heizungsinstallationen unterschiedliche Systeme am Markt. Jedes System hat dabei seine eigene Verbindungstechnik und benötigt herstellerspezifisches Werkzeug, um eine sichere Verbindung zu garantieren. Gut für die Hersteller, schlecht für den Installateur, da dieser bei unterschiedlichen Baustellen unterschiedliche Werkzeuge benötigt. Die Kosten bleiben dann meist bei der Installationsfirma hängen.
Einfach bestellen? Fehlanzeige
Doch es ist nicht nur, dass man die richtigen Werkzeuge und die richtigen, zu den Modulen passenden Stecker kaufen muss. So einfach lassen sich diese gar nicht beziehen. Auf die Idee, den Steckerhersteller schlicht zu nennen, kommen nämlich längst nicht alle Modulhersteller. Anders als bei Heizungssystemen sind in der Photovoltaik die unterschiedlichen Steckersysteme außerdem schwer mit dem Auge zu erkennen.
In Moduldatenblättern wird dann oft mit der Kompatibilität zum Marktführer Multi-Contact (MC) geworben. Diese Aussage ist jedoch fraglich, da weder der TÜV noch der Hersteller Multi-Contact eine Kompatibilität zertifizieren oder bescheinigen. Somit reicht die Angabe nicht aus, um mit Gewissheit eine langfristig funktionierende Über-Kreuz-Verbindung herzustellen. Im Schadensfall haftet dann im Zweifel der Installateur.
Es ist dabei nicht nur Theorie, dass es Probleme mit der Angabe „MC-Kompatibilität“ geben kann. Wir standen zum Beispiel bei der „baubegleitenden Qualitätssicherung DC-Elektro“, so der sprerrige Name des Auftrags, einer Fünf-Megawatt-Freiflächenanlage vor dem Rätsel, dass manche Stecker passten, andere sich jedoch zu schwer- oder zu leichtgängig verbinden ließen. Immerhin machte die Elektrofachfirma rechtzeitig darauf aufmerksam.
Mehr als pure Theorie
Bei der durchgeführten Begutachtung zeigte sich, dass Steckverbinder von zwei verschiedenen Herstellern verarbeitet wurden. An dem chinesischen Modul waren laut Herstellerangabe MC4-kompatible Stecker vorkonfektioniert. Hersteller unbekannt. Für die benötigten Strangverlängerungen wurden Amphenol-Stecker verwendet, welche ebenfalls als MC4-kompatibel beschrieben werden. Aus den Ausschreibungsunterlagen ging keine direkte Spezifikation hervor. Die Amphenol-Stecker wiesen einen geringfügig größeren Dichtungsquerschnitt auf, wodurch ein fester und abdichtender Verbund zwischen den beiden verschiedenen Steckern kaum sicherzustellen war. Ähnliche Probleme sehen wir in 90 Prozent der Anlagen, die wir für die Endabnahme durch Banken begutachten.
„Um den Bau nicht zu gefährden, gibt es zwei Möglichkeiten.“
Das Beispiel zeigt: MC4-kompatibel heißt nichts, und schon gar nicht, das zwei MC4-kompatible Steckverbindungen untereinander passen. Zu unterschiedlich sind die Herstellertoleranzen und eingesetzten Materialien. Die Folgen können ein Bruch mit Freiliegen der spannungsführenden Teile sein. In diesem Fall ist die Betriebssicherheit der Anlage nicht mehr gewährleistet, da durch Lichtbogenbildung erhöhte Brandgefahr besteht. Bei zu lockeren Verbindungen besteht zum einen die Gefahr der Kurzschlussbildung durch Eindringen von Wasser, zum anderen erhöht sich im Laufe der Zeit der Übergangswiderstand, was Ertragseinbußen nach sich führen kann.
Um die Garantie weiter zu gewährleisten und die Laufsicherheit der Anlage sicherzustellen, ist – da die notwendigen Angaben fehlen – ein gehöriges Maß Recherchearbeit nötig. Man muss die Zulassung und den Hersteller der Stecker am Modul herausfinden. Im obigen Beispiel ging es immerhin noch mit der Datenbank beim TÜV Rheinland (Bauartzulassung für Steckverbinder für Photovoltaiksysteme), da eine kryptische Modellnummer auf dem Stecker zu finden war. Die Modulstecker wiesen die benötigte Bauartzulassung gemäß Zertifikat DIN EN 50521 auf. Das ist dann schon einmal eine erste Erleichterung. Der Hersteller der Stecker war der Modulhersteller selbst.
Mit den Fehlern leben
Man kann sich über die fehlende Kompatibilität und die fehlenden Angaben ärgern, in der Praxis muss man damit umgehen. Um den Bau nicht zu gefährden, die Verantwortung von der Installationsfirma zu nehmen und die Gewährleistung sicher zu stellen, gibt es zwei Möglichkeiten:
1. Nachbestellung Originalstecker: Bei nicht eindeutigen Moduldatenblattaussagen beim Modulhersteller die Stecker erfragen oder – wie oben beschrieben – über das Zertifikat den Hersteller recherchieren. Dann für Strangverlängerungen und die Verbindung der Modulreihen zur Unterverteilung der Wechselrichter entsprechende Originalmodulstecker vom Modul- oder Steckerhersteller nachordern. Unter Umständen muss neues Montagewerkzeug dazugekauft werden, das zum Steckverbinder passt.
2. Gewährleistungserweiterung: Die zweite, deutlich weniger aufwendige, aber in der Praxis nur schwer zu realisierende Möglichkeit besteht darin, sich vom Modulhersteller eine schriftliche Freigabe für den eigenständigen Ersatz der Modulstecker der Module am Tischende einzuholen. Letzteres darf nur durch eine Freigabe und die damit verbundene erweiterte Gewährleistung durchgeführt werden, da andernfalls Gewährleistung und teilweise auch Produkthaftung erlöschen. Vorteil dieser Variante ist, dass die im Montagebetrieb vorhandenen Crimp- und Zugwerkzeuge benutzt werden können. Warum sich die meisten Hersteller darauf nicht einlassen, ist nachvollziehbar, da bei geänderten Steckern das Modulzertifikat erlischt. Der Hersteller muss bei geänderten Steckern das Modulzertifikat beim TÜV entsprechend anpassen. Eine vereinfachte Freigabe wird dann wirksam, wenn der neue Stecker zertifiziert und kompatibel zur Modulleitung ist.
Besser ist natürlich, wenn Investoren und Planer bereits im Vorfeld beim Einkauf und der Planung auf vollständige Angaben von Spezifikationen achten. Bei Qualitätsprodukten sollte das selbstverständlich sein. Angaben im Moduldatenblatt wie „MC4-kompatibel“ ohne Herstellerangabe verstoßen zwar weder gegen die DIN EN 50380 noch gegen die IEC 61730, entsprechende Produkte sollten aber gar nicht mehr oder nur mit Bedacht eingekauft werden. Letztlich lässt die Form der Dokumentation auch Aufschlüsse über die Philosophie und Sorgfaltspflicht des Herstellers zu.
Von der Realpolitik zurück zum Grundsätzlichen: Wenn es schon keinen Industriestandard gibt, warum sind in der Norm eigentlich keine eineindeutigen Angaben über den Steckertyp gefordert? Lediglich die Art der Verbindung („Stecker“ oder „Drahtanschlüsse“) müssen im Datenblatt stehen. Auch in der Dokumentation wird nicht explizit die Angabe der Steckertypen gefordert. Vorkonfektionierte Herstellertypen am Modul lassen sich im Zweifel nur durch das Steckverbinder-Zertifikat nachvollziehen, nicht einmal durch das Modulzertifikat.
Entscheiden sich Investoren und Planer aus wirtschaftlichen Gründen trotzdem für die für eine gute Installation nicht ausreichend dokumentierten Produkte, ist es für den Installationsbetrieb umso wichtiger, sich an die oben beschriebenen zwei Vorgehen zu halten. Sonst muss er eventuell dafür geradestehen, dass der Investor ein paar Cent sparen will. Dass es keinen Industriestandard gibt, dürfte im Übrigen daran liegen, dass Steckerhersteller ihre Marge optimieren. Für die Branche gäbe es durch die Einführung eines Standards die Möglichkeit, für die Anwender die Kosten zumindest noch ein kleines bisschen zu reduzieren.

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