Warum läuft es nicht?

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pv magazine: Wie sieht es mit der Kombination von Kleinwindkraft und Photovoltaik aus. Gibt es in diesem Bereich schon Projekte?
Jochen Twele: Selbstverständlich. Es gibt Hybridanlagen, die von vornherein so ausgelegt sind, dass man diese Kombination wählt. Die Kombination macht Sinn, weil wir in der Regel zumindest bei uns in unseren Breitengraden komplementäre Erzeugungsgänge haben. Wir haben mehr Wind im Winter und mehr Sonne im Sommer. Das lässt sich natürlich wunderbar kombinieren, vor allem, wenn man an Offgrid-Anlagen denkt.
Sind das wirtschaftliche Anlagen oder eher Forschungsprojekte?
Es gab verschiedene Anbieter, die versucht haben, solche Containerlösungen auf den Markt zu bringen. Aber diese sind noch teurer. Da wird es dann noch schwieriger mit der Wirtschaftlichkeit. Das heißt, die Kombination rechnet sich nur, wenn man etwa einen entlegenen Standort hat und als Vergleichskosten beispielsweise ein Notstromdieselaggregat beschaffen müsste. Auch da ist die Konkurrenzsituation schwierig, denn das Dieselaggregat ist in der Anschaffung günstig und verursacht erst über den Betrieb höhere Kosten. Das bedeutet, eine Anlage mit Photovoltaik und Wind rechnet sich erst über die Laufzeit, also über die 20 Jahre.
Sie schätzen, dass es etwa 20 Jahr dauert, bis sich so eine Kombination amortisiert?
Das ist schwer zu beantworten. Da müsste man die Randbedingungen jetzt genauer definieren. Wenn sie irgendwo in Sierra Leone, Ghana oder im Senegal installiert ist, wo wir einen hohen Beschaffungspreis auch für Diesel haben, dann mag das schneller gehen. Wenn die Infrastruktur gegeben ist und man zu geringen Mehrkosten Diesel vor Ort beschaffen kann, wird es schwierig mit der Konkurrenzfähigkeit.
Kann man denn sagen, wie diese Anlagen dimensioniert sein müssen? Welches Verhältnis wäre optimal?
Das ist natürlich auch wieder standortabhängig. Es kommt darauf an, ob man die Anlage in besserer Einstrahlungssituation betreibt, also sprich irgendwo im äquatorialen Bereich in Afrika, oder ob man sie in Norddeutschland betreibt.
Auf Deutschland bezogen?
Grundsätzlich kann man hier ein Verhältnis eins zu eins ansetzen.
Sind spezielle Wechselrichter oder Energiemanagementsysteme dafür notwendig?
Das kommt drauf an, was man auf der Versorgerseite machen will. Wenn ich einen normalen einphasigen Wechselstrom einsetze, um mit ganz konventionellen Verbrauchern zu arbeiten, dann gibt es Anbieter, die spezielle Inselwechselrichter anbieten, die zwei Eingänge für Photovoltaik und für Wind haben.
Was sehen Sie denn für Vorteile im Hinblick auf Eigenverbrauch oder Speichersysteme, wenn ich auf so eine Kombination setze?
Ich bekomme natürlich einen sehr viel höheren Versorgungsgrad, wenn ich eine Kombination auf Wind und Photovoltaik plus Speicher wähle. Dann kann ich bei der Selbstversorgung in respektable Größenordnungen kommen. Wenn ich mit einer reinen Photovoltaik-Anlage arbeite, dann habe ich im Winter einfach keine Eigenversorgung mehr. Selbst, wenn ich einen Speicher nehme. Der Speicher ist dann eher ein Tagesspeicher und kein saisonaler Speicher. Da kann ich zwar Tag und Nacht ausgleichen und habe dann über die Monate Mai bis September eine hohe Deckungsrate von Solarstrom, aber im Winter wird es mau. Wenn ich die Kombination wähle mit dem Tagesspeicher, kann ich übers gesamte Jahr gesehen eine Deckungsrate von 60, 70, vielleicht sogar 80 Prozent erreichen.
Ist Autarkie aus Ihrer Sicht auch das Motiv hinter den Projekten, die es bislang gibt?
Ja. Auf jeden Fall. Also wenn ich mir die Anfragen von Interessen ansehe, die sich bei mir melden, dann hat es oft was mit Image zu tun  Sie wollen etwas mit ökologischem Bewusstsein tun. Es hat in der Regel weniger mit ambitionierter Wirtschaftlichkeit zu tun. Es geht immer um den Wunsch, ein Stück Unabhängigkeit zu erreichen.
Kann man bestimmte Segmente, also Personengruppen wie Landwirte ausmachen, die verstärkt auf solche Projekte setzen?
Na klar. Also für den landwirtschaftlichen Bereich ist es immer interessant. Wobei sich da sehr schnell die Frage stellt, ob es nicht sinnvoller ist, größere Anlagen zu bauen. Wenn man die Fläche und die Ressource hat, dann bin ich schon wieder im Bereich von 30 bis 50 Kilowatt und speise doch wieder Überschüsse ins Netz ein. In diesen Leistungsbereich wird es relativ schwierig mit der Eigenversorgung. Wenn ich einen landwirtschaftlichen Betrieb habe mit Melkmaschinen, mit Dreschern, mit Stallungen und beheizter Ferkelzucht, dann haben die einen Stromverbrauch, wo man mit einer 1-Kilowatt-Anlage einfach keinen sinnvollen Beitrag leisten kann. Das bedeutet, sie kommen dann schnell wieder in größere Leistungssegmente.
Wie sieht es in Stadtgebieten aus?
Wir haben in Berlin ein Forschungsvorhaben für Aufdachanlagen im bebauten Gebiet realisiert. Da kann man nur sagen, das hat Symbolwert. Ich brauche einfach hohe und exponierte Gebäude. Wenn ich ein achtstöckiges Bürogebäude habe und installiere eine 1-Kilowattanlage-Anlage auf dem Dach, dann reicht das vielleicht für den Kaffeeautomaten.
Aber woher kommen dann die Anfragen?
Die Anfragen sind oft, ich will das nicht herablassend formulieren, mit einem gewissen Unwissen gekoppelt. Die Erwartungshaltungen sind viel zu hoch. Ich fühle mich da immer so ein bisschen wie der Ernüchterer, der den Leuten sagt, macht euch keine Illusionen. Das sieht nett aus, ist auch schön und es hat vielleicht auch einen optischen Reiz, aber das war’s dann auch. Und trotzdem gibt es das Interesse, so was zu realisieren.
Aber würden Sie sagen, dass die Nachfrage in den letzten Jahren zugenommen hat?
Ja. Das Interesse hat zugenommen.
Aber es lässt sich nur schwierig dokumentieren, weil es keine Statistiken dazu gibt?
Richtig.
Es gibt kein Register für Kleinwindkraftanlagen bei der Bundesnetzagentur?
Nein. Weil die Anlagen, wenn sie im kleinen Leistungsbereich sind, nicht anmeldepflichtig als EEG-Anlage sind. Nach EEG einzuspeisen, macht mit den Anlagen auch keinen Sinn, weil, mit 9 Cent die Kilowattstunde kann ich nie und nimmer einen wirtschaftlichen Betrieb erreichen. Damit kommen sie auch im EEG-Register nicht vor.
Gibt es gar keine aktuellen Zahlen?
Nein. Es gibt Schätzungen, die basieren auf 10.000 Stück, die angeblich irgendwo installiert sind. Aber ob das stimmt, lässt sich überhaupt nicht überprüfen. Das ist ein sehr, sehr undurchsichtiges Terrain.
Wie schätzen Sie den Preis pro Kilowattpeak ein?
Viel zu hoch.
Was heißt viel zu hoch?
Das macht es eben problematisch mit der Wirtschaftlichkeit. Also wenn man sich den Markt anschaut, dann ist die untere Preisgrenze in diesem kleinen Segment bei 2.000 Euro pro Kilowatt, also ungefähr doppelt so hoch wie bei großen. Und das geht locker auf 7.000 bis 8.000 Euro pro Kilowatt. Wenn man in diesem Bereich eine Anlage kauft, rechnet die sich nie und nimmer. Also wirtschaftlich geht das gar nicht.
Was sind aus ihrer Sicht neben dem Preis andere Gründe, warum Kleinwindkraftanlagen nicht gebaut werden?
Die Qualität ist nicht hinreichend. Wir finden sehr viel, ich formuliere es mal flapsig, Schrott am Markt. Das sind unausgereifte Anlagen, die sind nicht zertifiziert und nicht vermessen. Der Kunde kauft so eine Anlage ohne vermessene Leistungskennlinie. Er weiß gar nicht, welche Leistung sie hat. Da wird in den Prospektwerten zum Teil wirklich Schindluder betrieben. Es werden Werte vorgegaukelt, die physikalisch unplausibel und unmöglich sind. Wenn ich das nachrechne, kommen wir auf Wirkungsgrade von 300 Prozent. Das kann nicht stimmen.
Sind das Einzelfälle?
Von diesen Beispielen gibt es reichlich. Das schafft auf Dauer kein Vertrauen am Markt und bei den Kunden. Die sind natürlich dann verprellt, wenn sie sich auf so ein Produkt eingelassen haben und dann relativ schnell merken, dass sie was gekauft haben, was die Erwartungen in keiner Weise erfüllt.
Müsste es aus Ihrer Sicht deshalb neue Standards geben?
Ja. Unbedingt. Wir wollten eigentlich vereinfachte Standards größenbezogen entwickeln, um den Herstellern auch den Aufwand zu reduzieren. Eine vollständige Typenprüfung für so ein Produkt liegt bei 150.000 Euro. Das leistet sich kein Kleinanlagenhersteller, weil er es über den Verkauf der Produkte nicht refinanzieren kann. Damit entfällt die komplette externe Prüfung der Berechnungsunterlagen, der Produktqualität und der Produkteigenschaften.
Aber im Endeffekt ist ja das auch dann wiederum das Problem, was jetzt verhindert, dass Kleinwindkraftanlagen gefördert werden, oder?
Ja. Deswegen ist es ja auch sinnvoll ein Testprogramm und ein Testgelände für Kleinwindkraftanlagen zu fördern. Da sind wir gerade dabei.
Bezieht sich das auf die Anlagen, die sie auf dem EUREF-Campus in Berlin betreiben? Das ist aber noch nicht das offizielle Testgelände, aber im Prinzip  eine Testinstallation, oder?
Richtig. Aber der Forschungsansatz dort ist ein bisschen anders, denn es geht um ein Micro Smart Grid, also es geht darum, ein kleines Arealnetz zu betreiben mit Wind und Photovoltaik und das mit Elektromobilität zu koppeln.
Wann könnte eine Kombination aus Photovoltaik und Windkraft aus Ihrer Sicht wirtschaftlich sein?
Das ist schwer einzuschätzen. Das kommt darauf an, wie sich der Markt entwickelt. Wenn es einem Hersteller gelingt, in respektable Stückzahlen zu kommen, das heißt in vierstellige Stückzahlen, dann fallen auch auf jeden Fall die Kosten. Dann kann man auch unter Umständen einen wirtschaftlichen Betrieb darstellen. Solange die Hersteller nicht einmal hundert Anlagen pro Jahr absetzen können, wird das nichts werden.
Wird es dann eine Konkurrenzsituation zwischen Photovoltaik und Kleinwindkraft geben?
Also wenn wir im Freifeld die Anlagen errichten, ist das unkritisch. Bei der Kombination bekommen wir aber im Gebäudebereich eine Konkurrenzsituation. Ain der Regel wird es auf einem Dach schwierig, Wind und Photovoltaik zu installieren, weil die zusätzlichen Dachlasten überschritten werden. Denn beide bringen eine zusätzliche Dachlast, und da ist irgendwann eine Grenze erreicht. In der Regel muss man sich entscheiden, was von beidem man machen will. Ich rate, obwohl ich ein alter Windfuchs bin, immer zu Photovoltaik, weil die einfach pflegeleichter ist.
Weil die Kosten mittlerweile in ganz anderen Dimensionen angekommen sind?
Mittlerweile ja. Vor zehn Jahren wäre das vielleicht noch anders gewesen, aber heutzutage ist auch die Wirtschaftlichkeit von einer Photovoltaik-Anlage gegeben.
Das Gespräch führte Sandra Enkhardt.

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