Fragen und Antworten

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Was sind die Steckdosenmodule und worum geht es den Herstellern?
Sogenannte Plug-and-play-Module können vom Endkunden gekauft und mit einem Schukostecker an das Hausnetz angeschlossen werden. Das reduziert die Stromrechnung. Zwei Hersteller sind in der Öffentlichkeit besonders präsent: Sun Invention und GP Joule. „Wir wollen Aufmerksamkeit erregen“, sagt Toralf Nitsch, Geschäftsführer von Sun Invention. „Es geht uns nicht um Mengen.“ Er ist der Meinung, dass gerade vieles schiefläuft mit der Energiewende. Die Module dienen ihm als Anfang für eine dezentrale Energieversorgung. Um unabhängig von Versorgungsunternehmen zu werden, hat er kurzerhand selbst eines gegründet. Den Verweis auf komplexe Studien mit diversen Aussagen zu dem besten zukünftigen Energiemix kontert er mit den Worten: „Wir sind kein Thinktank, sondern ein Dotank.“ Warum gibt es Streit um die Steckdosenmodule?
Er gibt mehrere Gründe dafür, zwei davon sind besonders kritisch: Zum einen besteht die Möglichkeit, dass der Stromzähler rückwärts läuft. Zum anderen kann die Absicherung im Haushaltsstromkreis ausgehebelt werden.
Warum kann der Stromzähler rückwärts laufen?
Wenn das Modul mehr Energie in den Haushaltsstromkreis einspeist, als im Haushalt verbraucht wird, muss das Modul entweder abregeln oder ins Stromnetz einspeisen. Wenn der Zähler keine Rücklaufsperre hat, läuft er rückwärts. Das heißt, dass die erzeugten Strommengen von den verbrauchten Strommengen abgezogen werden und die Stromrechnung sinkt.
Warum ist das problematisch?
Die Saldierung von Stromverbrauch und Stromerzeugung ist unter dem Namen Net-Metering bekannt. In Deutschland ist das Net-Metering anders als in vielen anderen europäischen Ländern nicht als Förderinstrument vorgesehen. Zwischen Erzeugung und Bezug wird hierzulande streng getrennt. Der Strombezug ist laut Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und den darauf aufbauenden Stromlieferungsverträgen grundsätzlich eine zu messende, entgeltpflichtige Leistung. Eine Bezahlung des bezogenen Stroms durch Einspeisung selbst erzeugter Energie in das Netz kommt danach nicht in Frage. Wer also eigenmächtig den bezogenen mit dem erzeugten Strom verrechnet, begeht juristisch gesehen einen Vertragsverstoß.
Laut einem Papier der Bundesnetzagentur (BNetzA) ist eine Ausnahme von der konkreten Messung und Bezahlung von Kleinstbezügen nur zulässig, wenn Steuerbehörden, Eichbehörden und der Netzbetreiber zustimmen.
Warum kann die Absicherung im Haushaltsstromkreis mit den Modulen ausgehebelt werden?
In der Regel ist ein Stromkreis im Sicherungskasten mit 16 Ampere abgesichert. Gesetzt den Fall, dass ein Verbraucher 16 Ampere benötigt und man einen weiteren Verbraucher mit einem Verbrauch von zwei Ampere dazuschaltet, muss die Sicherung abschalten. Wenn an diesem Stromkreis jedoch zwei Steckdosenmodule angeschlossen werden und die Sonne stark scheint, fließen zwei Ampere zusätzlich zu den Verbrauchern und die Sicherung schaltet nicht ab.
Wenn 18 Ampere durch Leitungen fließen, die für 16 Ampere ausgelegt sind, erwärmen sie sich stärker als vorgesehen. Allerdings ist es die Meinung der meisten Experten, dass zwei Ampere mehr noch unbedenklich sind. GP Joule, Hersteller des Minijoule-Steckdosenmoduls gibt zu bedenken, dass die Stromkreise mit vier Ampere Puffer ausgelegt seien. Dieser Wert wird erst überschritten, wenn mehr als vier Module angeschlossen werden. Allerdings wird ein Puffer ja deshalb geplant, um Eventualitäten zu berücksichtigen und immer auf der sicheren Seite zu sein. Ein Puffer ist nicht dafür gedacht, dass man ihn geplant nutzt.
Wie wahrscheinlich ist es, dass der Überlastfall eintritt und das Absicherungsproblem wirklich zum Problem wird? Es ist sehr unwahrscheinlich, da dafür viel zusammenkommen muss. Es müssen mehrere große Stromverbraucher mit einem Bezug von 16 Ampere an einen Stromkreis angeschlossen werden. In der Regel, gibt GP Joule zu bedenken, sind große Verbraucher wie die Waschmaschine einzeln abgesichert. Das Unternehmen weist auch darauf hin, dass seit den 90er Jahren Außensteckdosen einzeln abgesichert werden müssen. Dann stellt sich das Problem nicht, wenn die Module, wie wohl meist üblich, außen angeschlossen werden. Außerdem dürfen die Verbraucher erst eingeschaltet werden, wenn die Sonne scheint. Sonst würde bereits beim Einschalten die Sicherung abschalten.
Foto: Sun Invention Der VDE weist darauf hin, dass es nach der DIN VDE 0100-551 nicht gestattet ist, in das Haushaltsnetz hinter den Sicherungen einzuspeisen. Stimmt das?
Es stimmt, dass der VDE darauf hinweist. Allerdings hat diese Norm keinen Gesetzescharakter. Trotzdem ist jedoch der Betreiber in der Pflicht, nachzuweisen, dass er nach anerkannten Regeln der Technik gehandelt hat, wenn ein Schaden auftritt. Ob es den anerkannten Regeln gemäß möglich ist, hinter den Sicherungen einzuspeisen, ist unklar. Es ist in jedem Fall sehr aufwendig, solche Prozesse zu führen (siehe Interview Seite 59). Das Risiko, dass es dazu kommt, schätzen viele Experten als sehr gering ein, da es sehr unwahrscheinlich ist, dass überhaupt ein Schaden entsteht.
Hersteller verweisen gerne auf die Schweiz und die Niederlande, weil die Module dort erlaubt seien. Stimmt das?
GP Joule hat in der Schweiz eine sogenannte Bewilligung des eidgenössischen Starkstrominspektorats auf Basis von Sachverständigengutachten. Dabei wird allerdings nicht geprüft, ob die Installation normgerecht ist, sondern nur ob das Produkt als solches sicher ist. Eine wirkliche Erlaubnis zur Installation gibt es im Nachbarland also auch nicht. Die Installation ist allerdings auch nicht verboten. Dort wird die Wahrscheinlichkeit, dass es zur Überlastung eines Haushaltsstromkreises kommt, solange nur wenige Module angeschlossen sind, als sehr gering und konstruiert gesehen. Immerhin heißt die Bewilligung „PV-Modul mit Wechselrichter zum Einstecken ans Haushaltsnetz“.
Stimmt es, dass das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie die Module verboten hat?
In der Tat gibt es einen Brief vom 22. Mai 2013 an den Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft. Darin leitet das Ministerium her, warum es die Steckdosenmodule für unzulässig hält. Dazu weist es unter anderem auf die Anforderungen des EnWG an Energieanlagen hin (§ 49 EnWG), die in Übereinstimmung mit den anerkannten Regeln der Technik zu errichten und zu betreiben sind. Zu den anerkannten Regeln der Technik gehört auch die DIN VDE 0100-551. An der Tatsache, dass diese Norm keine Gesetzeskraft hat, ändert sich dadurch jedoch nichts (siehe oben). Ein ausdrückliches Verbot wollte das Ministerium auch nicht aussprechen, sondern lediglich Hinweise zur Rechtslage geben. Ganz unproblematisch ist das trotzdem nicht. Das Ministerium weist außerdem auf mögliche Verstöße gegen die Niederspannungsanschlussverordnung (NAV) hin. Diese sind rechtlich nicht ohne Weiteres zu halten. Denn die NAV gilt nur für den Anschluss von Anlagen zur Entnahme von Elektrizität. Mit „Anschluss“ ist darin die Verbindung des öffentlichen Netzes mit dem Hausanschluss gemeint. Was hinter dem Hausanschluss passiert, ist also kein Netzanschluss. Dabei mag das Ministerium nicht unrecht haben, dass sich der Betrieb hinter dem Hausanschluss nach der NAV in einer rechtlichen Grauzone bewegt. Dann hätte die Passage zur NAV aber vorsichtiger formuliert werden müssen.
Auch die pauschalen Verweise auf strafrechtliche Vorschriften sind nicht unkritisch, zumal in einer Situation, in der sich ein Schreiben mittelbar, nämlich über einen Verband, an die Öffentlichkeit wendet. Das Ministerium bewegt sich damit im Bereich der behördlichen Produktwarnungen. Diese sind nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen zulässig, weil sie in Grundrechte der von der Warnung Betroffenen eingreifen können. Betroffen sind davon im Übrigen die Anbieter, nicht die Nutzer. GP Joule erwägt, dagegen mit rechtlichen Schritten vorzugehen, zum Beispiel mit einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage gegen solche Äußerungen.
Wird die Absicherung sichergestellt, indem man die Sicherung von 16 Ampere auf 10 Ampere verringert?
Technisch gesehen ja. Ausführen darf das allerdings nur ein ins Installateurverzeichnis eines Netzbetreibers eingetragenes Installationsunternehmen. Dies ergibt sich aus der NAV (§ 13 Abs. 2 NAV), denn der Sicherungskasten gehört zu den Einrichtungen im Zusammenhang mit dem Anschluss elektrischer Anlagen zur Entnahme von Strom aus dem öffentlichen Netz.
Werden die Module in Deutschland verboten werden?
André Steinau, bei GP Joule für die Kommunikation zuständig, sieht starken Gegenwind bei den Versorgern, die Angst vor einer Massenbewegung hätten. Wenn viele Haushalte nur zwei Module anschließen, würden sie bereits große Verluste machen. Sachliche Gründe für ein Verbot gebe es aber nicht. Und auch für Timo Bovi, der für GP Joule Pressearbeit macht, ist klar, dass sie in einem „konstruktiven Dialog“ die Normen überarbeiten wollen. Chancenlos ist das nicht. Sun Invention war erst kürzlich zu einem Gespräch beim VDE. „Der VDE wurde gegründet, um die sichere Anwendung neuer Technologien zu fördern“, sagt Gerhard Imgrund, der sich dort mit den Steckdosenmodulen beschäftigt. Auch der BSW-Solar möchte „der Mikro-Photovoltaik zur sicheren, fachgerechten und netzkonformen Anwendung verhelfen und – wo erforderlich – angemessene Standards für diese Anwendung mitentwickeln“, sagt Geschäftsführer Jörg Mayer. Damit liegt der Verband auf einer Linie mit dem Ausschuss des Europäischen Parlaments für Industrie, Forschung und Energie. Er hat einen Entwurf angenommen, der im September 2013 in das Plenum eingebracht werden soll. Der Entwurf fordert die Europäische Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass in den Mitgliedstaaten die rechtlichen Hemmnisse zur Nutzung von Stromerzeugungsanlagen in kleinstem Maßstab abgebaut werden. Allerdings sollen auch die Auswirkungen auf die Verteilernetze berücksichtigt werden.
Margarete von Oppen ist Partnerin der Kanzlei Geiser & von Oppen (www.gvo-anwaelte.de).

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