Warum sich Saint-Gobain gut aufgestellt sieht

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Der Baustoffhändler Saint-Gobain Building Distribution Deutschland ist im Photovoltaikbereich unter dem Namen Solarkauf bekannt. Axel Berger, Direktor Marketing und Geschäftsleiter Photovoltaik erklärt, warum der Solarmarkt für sein Unternehmen nach wie vor sehr interessant und wieso Saint-Gobain gut dafür aufgestellt ist.

Der Solarmarkt in Deutschland schrumpft. Wie gehen Sie damit um?

Berger: Wir sind schon seit einer Weile davon ausgegangen, dass der Solarmarkt schrumpfen würde. Insofern ist das für uns keine wirkliche Überraschung. Wir hatten bereits in unserem Budget für 2013 eine Marktgröße von rund vier Gigawatt vorgesehen. Wir denken, dass sich der Solarmarkt in Deutschland langfristig irgendwo zwischen drei und vier Gigawatt pro Jahr einpendeln kann. Der Handelsmarkt für das Material ist ungefähr zwischen zwei und drei Milliarden Euro groß, das ist für uns ein durchaus relevanter und interessanter Großhandelsmarkt. Insofern sehen wir das auch gar nicht als Problem.
Es ist aber immer schwierig, wenn man schrumpfen muss.

Berger: Aber was passiert denn? Der Markt wird nicht nur vom Volumen kleiner, sondern auch kleinteiliger. Was fällt im Moment raus? Das sind vor allen Dingen die großen Parks. Und ein kleinteiliger Markt ist für uns eigentlich erst richtig interessant. Warum? Weil wir als Baustoffhändler genau dafür aufgestellt sind. Wir haben die Logistik, wir haben die Standorte und wir haben die Lagerstruktur, um kleinere Baustellen mit unserer Flotte anfahren zu können. Dabei ist es eigentlich – ich vereinfache das natürlich jetzt bewusst – für uns egal, ob wir Dachziegel, Kalksandstein oder eine Photovoltaikanlage an die Baustelle liefern.
Aber Großhändler müssen sich gegenseitig Marktanteile abjagen, oder?

Berger: Das ist so. Wir sehen aber parallel zwei Dinge: Erstens, die Anzahl an Großhändlern sinkt. In der letzten Zeit sind einige bekannte Marktteilnehmer aus dem Markt ausgestiegen. Da werden natürlich auch die Marktanteile neu verteilt. Ich gehe davon aus, dass diese Konsolidierung weitergehen wird und dass dabei auch gerade die Großhändler gewinnen werden, die breiter aufgestellt sind und die auch in der Lage sind, mit kleineren Margen, als in der Vergangenheit üblich, zu arbeiten und einen Profit zu erwirtschaften. Zweitens wird der Anteil des Großhandels am Gesamtmarkt wohl steigen, da es durch die kleinteiligeren Projekte für die Hersteller immer schwieriger wird diese im Direktgeschäft kostendeckend zu beliefern.
Sie sind ein Baustoffhändler, der auch Photovoltaik vertreibt. Warum können Sie mit kleineren Margen arbeiten als ein Großhändler, der sich auf den Solarbereich spezialisiert hat?

Berger: Weil unsere Kosten über ein breiteres Sortiment abgedeckt werden. Nehmen wir mal an, jemand will eine Drei-Kilowattpeak-Anlage für ein Einfamilienhaus bauen, die irgendwo sehr weit abseits angeliefert werden muss. Jeder Photovoltaikspezialist muss nun sehen, wie er seine Logistik dafür optimiert. Wir können diese Optimierung auch zusammen mit anderen Baustoffen vornehmen. Das heißt, unser Lkw muss nicht nur mit dieser einen Photovoltaikanlage eine Region anfahren, sondern kann Aufträge mit anderen Baustoffen, die dort in der Nähe sind, gleichzeitig mitbedienen. Dadurch haben wir eine bessere Kostenaufteilung als andere. Wir sind außerdem vom Sortiment her geübt, wenn wir uns beispielsweise den Dachziegel- oder Kalk-Sandstein-Bereich ansehen, mit kleineren Margen zu arbeiten. Bei dem Geschäft müssen Sie sehr stark aufgestellt sein, um profitabel zu sein.
Welche Installationsbetriebe kaufen bei Ihnen hauptsächlich?

Berger: Es sind hauptsächlich Solarinstallateure. Natürlich haben wir auch Bestandskunden aus dem Dachbereich, die auch mit Photovoltaik arbeiten. Die sind aber eine Minorität in der Solarbranche. Ein Grund dafür ist, dass der Dachbereich in den letzten Jahren sehr erfolgreich war. Die Dachdeckerbetriebe hatten eine gute Auslastung und deswegen wenig Zwang, sich mit der Photovoltaik einen neuen Geschäftsbereich zu erschließen.
Bleibt es in Zukunft so, dass Solarprofis, die verhältnismäßig viel installieren, den größten Teil des Umsatzes machen?

Berger: Wir gehen davon aus, dass sich der Solarprofi anpassen wird. Er wird versuchen, sein Geschäftsmodell zu verbreitern. Im Moment sehe ich da vor allem das Thema Speicher. Das heißt, er fängt jetzt nicht damit an, Dächer einzudecken oder andere handwerkliche Aufgaben mit zu bearbeiten, sondern er versucht sich über das Sortiment und über die Breite seines Angebots in Verbindung mit Photovoltaik zu erweitern.
Sehen Sie, dass Solarinstallateure Wärmepumpen und den Heizungsbereich zunehmend mit abdecken?

Berger: Vereinzelt ja. Ich glaube, dass ist sehr stark personenbezogen. Im SHK- Bereich sind wir zum Beispiel überhaupt nicht tätig. Wir sehen aber, dass sich SHK-Kunden, die eigentlich gar nicht zu unserem klassischen Kunden-Portfolio gehören, in den Bereich Photovoltaik bewegt haben. Umgekehrt hängt das sicherlich von den Opportunitäten ab. Wenn ich einen Kontakt oder einen Mitarbeiter habe, der in einem anderen Gebiet bewandert ist, dann versuche ich mich dahin zu verbreitern. Was ich aber viel mehr sehe, ist eben das Thema Smart Home. Wir sehen jetzt die ersten Anlagen, wo Heizwärme indirekt über Photovoltaik gewonnen wird. Wir gehen also schon ein Stück weit in den Heizungsbereich rein. Die Grenzen werden immer mehr verschwimmen.
Das heißt, dass auch Sie mehr in den Heizungsbereich reingehen müssen?
Berger: Ja, aber wir müssen natürlich auch in den Elektrobereich reingehen. Wir sind kein Elektrogroßhändler, aber der Großteil der Photovoltaikinstallateure kommt aus diesem Bereich. Wir denken darüber nach, Produkte zu führen, mit denen Warmwasser über Photovoltaik erzeugt wird. Aber das heißt nicht, dass wir großflächig in den SHK-Markt oder in den Elektrogroßhandel einsteigen werden.
Saint-Gobain produziert auch und bietet teilweise sogar Produktionstechnologie an.
Sind Sie eher Produzent oder Distributor?
Berger: Das ist eine Frage, die für Saint-Gobain fast zwanzig Jahre alt ist. Saint-Gobain ist eigentlich ein klassischer Baustoffproduzent. Erst Mitte der 90er-Jahre hat Saint-Gobain angefangen, sich im Baustofffachhandel in Frankreich breiter aufzustellen und auch die Distribution teilweise mit zu übernehmen. Das heißt, dass wir produzieren und diese Produkte auch vertreiben. Der Kunde will aber schlussendlich, wenn er eine starke Marke sieht, entscheiden, welches Produkt er kaufen will. Das heißt, wir als Baustoffhändler verkaufen natürlich nicht nur Saint-Gobain-Produkte, sondern auch andere Marken. Und das gilt auch für den Solarbereich. Wir verkaufen hier neben unserer Eigenmarke luxra, also die Eigenmarke des Baustofffachhandels, auch andere namhafte Hersteller, die Qualitätsprodukte anbieten.
Luxra fertigen Sie selber oder kaufen Sie ein?
Berger: Luxra kaufen wir ein, die Produkte werden aber nach unseren Spezifikationen für uns gefertigt. Das ist eine klassische Eigenmarke. Dünnschichtmodule produziert der Konzern mit dem Tochterunternehmen Avancis in Torgau. Wir selbst sind in dem Bereich aber doch eher ein klassischer Händler, kaufen Produkte ein, teilweise unter der Eigenmarke, teilweise als Markenprodukt, und verkaufen diese weiter.
Kommen wir zum Handelsstreit der Europäischen Union und China. Sind die Preise dadurch gestiegen?
Berger: Ja, eindeutig. Wir sehen Preissteigerungen von 10 bis 20 Prozent. Die Auswirkungen merken wir.
Das heißt, die vorläufigen Zölle sind im Prinzip eingepreist?
Berger: Ich glaube inzwischen sind sie eingepreist. Dadurch eröffnen sich neue Möglichkeiten für europäische Hersteller, aber es wird auch weiterhin asiatische Hersteller geben, die im europäischen Markt eine Rolle spielen werden. In jedem Fall herrscht hier aber sehr viel Unsicherheit. Das heißt, hier müssen die Großhändler ihre Logistikketten, ihre Bezugsquellen neu aufstellen und sich neu orientieren. Das gilt auch für uns.
Sehen Sie schon, dass dadurch das Volumen zurückgegangen ist?
Berger: Ja, natürlich. Viele Projekte sind jetzt on hold, die vielleicht noch mit Modulpreisen von 45 bis 50 Cent realisierbar waren und die es jetzt mit dieser Einpreisung der Strafzölle einfach nicht mehr sind. Dadurch geht natürlich ganz klar das Volumen zurück.
Positionieren Sie sich im Handelsstreit als Unternehmen?
Berger: Nein, das machen wir als Händler nicht.
Das Gespräch führte Michael Fuhs

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