Während in der öffentlichen Meinung und der politischen Selbstdarstellung die Energiewende in Deutschland auf einem guten Weg zu sein scheint, liefert die Realität ein völlig anderes Bild. Kürzlich hat die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen ihre Zahlen für das erste Quartal 2013 veröffentlicht. Der gesamte Primärenergieverbrauch stieg dabei um 3,4 Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum an. Besonders drastisch fiel der Zuwachs mit 8,7 Prozent beim Erdgasverbrauch und mit 10,5 Prozent beim Steinkohleverbrauch aus. Während der Anstieg beim Erdgas durch den besonders kalten Winter verursacht wurde, gehen die Steigerungen beim Steinkohleverbrauch auf den Boom bei Kohlekraftwerken zurück.
Obwohl sich die deutsche Politik auf internationaler Bühne gerne als Vorreiter beim Klimaschutz gibt, sind in Deutschland binnen Jahresfrist die Kohlendioxidemissionen um über 3 Prozent gestiegen. Und ein Ende der Entwicklung ist nicht in Sicht. Laut Bundesnetzagentur sollen 2013 und 2014 über 6 Gigawatt an neuen Steinkohlekraftwerken ans Netz gehen. Gleichzeitig drückt die Bundesregierung zugunsten der Energiekonzerne und ihrer durch die regenerative Konkurrenz bedrohten Kohlekraftwerke beim Solarenergieausbau spürbar auf die Bremse. Der Trend weist dort etwa auf eine Halbierung im Jahr 2013 hin.
Dass sich mit einem verhaltenen Ausbau erneuerbarer Energien und einem spürbaren Zubau an Kohlekraftwerken die Kohlendioxidemissionen nicht nahhaltig senken lassen, dürfte auch dem Laien klar sein. Daher weichen Politiker wie der Bundesumweltminister Peter Altmaier der Frage aus, wie sie denn den Anstieg der Kohlendioxidemissionen bremsen wollen. Stattdessen schieben sie die Verantwortung auf Fehlentwicklungen der internationalen Märkte. Dabei wäre ein wirksamer Klimaschutz mit vergleichsweise einfachen Mitteln durchzusetzen. Ein funktionierender Emissionshandel oder eine nationale Kohlendioxidsteuer könnten den Kohleboom stoppen und ein forcierter Ausbau erneuerbarer Energien gepaart mit einer Effizienzinitiative und ambitionierten CO2-Grenzwerten im Verkehrssektor die Emissionen nach unten drücken. Weil aber die Eurokrise die Nachrichtenlage dominiert, bekommen viele nicht einmal mit, dass Deutschland beim Klimaschutz immer mehr ins Hintertreffen gelangt. Während sich aber eine ruinierte Währung in überschaubarer Zeit wieder reparieren lässt, bedroht ein kollabiertes Weltklima über Jahrtausende das Leben künftiger Generationen. Darum müssen wir alle jetzt den nötigen Druck aufbauen, damit Deutschland endlich wieder eine Führungsrolle beim Klimaschutz übernimmt.
– Volker Quaschning ist seit 2004 Professor für das Fachgebiet Regenerative Energiesysteme von der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin. Er befasst sich seit mehr als 30 Jahren intensiv mit dem Thema erneuerbare Energien. Aktuelle Beiträge veröffentlicht er regelmäßig auf seiner Webseitewww.volker-quaschning.de. –
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