Der Wanderzirkus der Klimakonferenzen

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Vom 26. November an diskutieren in Doha/Katar 14 Tage lang viele tausend Menschen aus 190 Ländern über den Treibhauseffekt. Wieder eine Weltklimakonferenz – so wie jedes Jahr seit 1992. Das einzig wirkliche Ergebnis dieses Konferenz-Zirkus: Dem Klima geht es immer schlechter. 1992 wurden pro Jahr noch 22 Milliarden Tonnen CO2 in die Luft geblasen, 2012 sind es über 33 Milliarden.

Die Forscher sind sich einig: Der Klimawandel kommt entschieden schneller als sie es noch 1992 vermutet hatten.

Das Ziel, dass sich die Erderwärmung bis zum Ende dieses Jahrhunderts nicht mehr als zwei Grad erhöhen darf, ist kaum noch erreichbar – wahrscheinlicher ist eine globale Erwärmung von vier Grad oder mehr schon bis 2060.

Jetzt warnt sogar die konservative Weltbank, bisher nicht gerade als grüne Denkfabrik bekannt, vor den Folgen des Klimawandels: Wüstenbildung nicht nur in Afrika, zunehmende Stürme wie soeben „Sandy“ in New York und in der Karibik sowie Trockenzeiten wie im letzten Sommer von den USA über Australien bis nach Indien und Russland.

Die Befürchtungen sind also alles andere als eine akademische Apokalypse, sondern bereits schreckliche Realität mit zunehmender Intensität. Wie wird der Rest des Jahrhunderts in den Zeiten des Klimawandels? Sind wir noch zu retten?

Die wissenschaftlichen Befunde sind eindeutig: Der Klimawandel ist Realität und er ist weitgehend von uns Menschen gemacht. Alle Welt weiß, dass die Zwei-Grad-Grenze nicht überschritten werden darf, aber niemand tut etwas dagegen – auch die EU-Staaten gehen mit viel zu wenig ambitionierten Zielen in den Verhandlungs-Marathon in Doha.

Die Risiken einer Zukunft ohne wirklich stärkeren Klimaschutz, sind seit Jahrzehnten bekannt. Wir wissen schon lange, was wir tun, aber wir tun immer noch nicht, was wir wissen. Von den Hitzewellen, die vor allem in den Tropen bevorstehen, sind hunderte Millionen Menschen betroffen, vom Anstieg des Meeresspiegels durch die Eisschmelze an den Polen unseres Planeten sogar zwei Milliarden Menschen in allen Kontinenten und die Missernten, die durch fehlenden Regen, verursacht werden, kosten Millionen Menschen das Leben.

Betroffen sind vor allem die Ärmsten in den südlichen Ländern. Verursacher sind aber zuallererst die Reichen in den Industriestaaten. Eine Entwicklung in den Dritte-Welt-Ländern ist ohne Klimaschutz nicht möglich.

„Die planetarische Maschinerie neigt zu Bocksprüngen, also unverhältnismäßigen Reaktionen auf Störungen“, betont Hans Joachim Schellnhuber, Kanzlerin-Berater und Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Wenn wir uns über die Zwei-Grad-Linie hinauswagen, also in Richtung vier Grad, laufen wir Gefahr, Kipp-Punkte im Erdsystem zu überschreiten. Dies könnte sogar den kilometerdicken Eisschild Grönlands schmelzen lassen.

„Der einzige Weg, dies zu vermeiden, ist ein Bruch mit den vom Zeitalter fossiler Brennstoffe geprägten Mustern von Produktion und Konsum“, warnt Schellnhuber.

Was also tun?
Zu diesen drei Strategien gibt es keine Alternative:

  1. So rasch wie möglich die komplette Umstellung auf erneuerbare Energie. Wer die Energiewende wirklich will, muss sich mit denen anlegen, die uns täglich empfehlen: Energiewende ja, aber bitte schön langsam. Ja nichts überstürzen – sie reden so als gäbe es gar keinen Klimawandel. So wird die Dramatik unserer Lage verschleiert, verdrängt und verleugnet.
  2. Die von der alten Energiewirtschaft behauptete Unbezahlbarkeit der Energiewende ist im Angesicht der drohenden Klimakatastrophe und deren Kosten ein gefährliches Ablenkungsmanöver, um noch möglichst lange so weiter machen zu können wie bisher. Nicht die Erneuerbaren Energien, Herr Rösler, sind die Kostentreiber beim Strom, sondern das Verzögern der Energiewende und die dadurch entstehenden Folgekosten. Die Schäden der Klimakatastrophe werden entschieden teurer als die rasche Energiewende.
  3. Die Konferenz in Doha funktioniert nach den Regeln der UNO. Also nach dem Prinzip der Einstimmigkeit. Wenn sich aber 190 Regierungen auf Klimaschutz einigen sollen oder wollen, bestimmt nach aller Erfahrung der langsamste das Tempo. Die USA und China werden wieder wie bisher die großen Bremser sein. Also kann das Klima nur national, also von unten, aus der Bürgergesellschaft, noch gerettet werden oder es wird überhaupt nicht gerettet werden. Noch haben wir die Wahl.

– Der Autor ist Journalist, Buchautor und Fernsehmoderator. Er wurde bekannt durch das ARD-Magazin „Report“, das er bis 1992 leitete und moderierte. Bis 2003 leitete er die Zukunftsredaktion „Zeitsprung“ im SWR, seit 1997 das Magazin „Querdenker“ und ab 2000 das Magazin „Grenzenlos“ in 3sat. Die Erstveröffentlichung des Beitrags erfolgte aufwww.sonnenseite.com. Franz Alt schreibt dort regelmäßig. –

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