Wirtschaftsminister Philipp Rösler sagt in diesen Tagen gebetsmühlenartig: „Die Erneuerbaren Energien sind wesentlich schuld am steigenden Strompreis.“ Und viele Journalisten beten das Märchen vom teuren Ökostrom unreflektiert nach. Doch wissenschaftliche Studien belegen, dass Sonnen-, Wind- und Wasserkraftstrom schon heute billiger sind als Strom aus Atom- oder Kohlekraftwerken.
Der Unterschied: Die Milliarden-Subventionen für herkömmlichen Strom zahlen wir über unsere Steuern – sie tauchen in keiner Stromrechnung auf. Die 2,7 Cent, die wir ab 2013 zusätzlich für jede Kilowattstunde Strom zugunsten der Energiewende berappen müssen, stehen jedoch auf jeder Stromrechnung. Insgesamt kostet uns die Energiewende ab Januar 5,3 Cent pro Kilowattstunde.
Der Unterschied: Die Milliarden-Subventionen für herkömmlichen Strom zahlen wir über unsere Steuern – sie tauchen in keiner Stromrechnung auf. Die 2,7 Cent, die wir ab 2013 zusätzlich für jede Kilowattstunde Strom zugunsten der Energiewende berappen müssen, stehen jedoch auf jeder Stromrechnung. Insgesamt kostet uns die Energiewende ab Januar 5,3 Cent pro Kilowattstunde.
Die wirklichen Kosten: Seit 1970 wurde Atomstrom in Deutschland mit knapp 200 Milliarden Euro Steuergelder gefördert, Strom aus Stein- und Braunkohle gar mit 250 Milliarden Euro – die Erneuerbaren mit knapp 60 Milliarden Euro, aber nicht über Steuern, sondern über den allgemeinen Strompreis.
Doch selbst diese Rechnung ist noch einseitig zu Lasten der erneuerbaren Energien. Denn sie erzeugen so gut wie keine Folgekosten, während beim Atommüll für etwa eine Million Jahre Entsorgungskosten in unvorstellbaren Milliardenhöhen anfallen und Kohle, Gas und Öl das Klima aufheizen. Was die Klimaerwärmung bewirkt haben wir soeben wieder bei Sturm „Sandy“ in der Karibik und New York erlebt: Über 100 Tote und weit über 50 Milliarden Dollar Schäden.
Das Märchen vom teuren Ökostrom hat politische und publizistische Folgen: Manch konservativer Politiker träumt schon wieder von längeren Laufzeiten der Atommeiler und in der Bildzeitung haben sich bei einer Umfrage zwei Drittel von 100.000 Lesern die Atomenergie zurückgewünscht. Atompropaganda statt journalistischer Aufklärung.
Die Preisrealität sieht so aus: Der frühere Chefvolkswirt der Weltbank, Sir Niclas Stern, hat schon 2007 vorgerechnet, dass die Energiewende viel Geld kostet, aber keine Energiewende für die Weltwirtschaft durch die Klimaschäden der alten Energien und durch deren steigende Preise fünfmal so teuer wird.
Wenn also marktwirtschaftlich richtig gerechnet wird, das heißt die Folgekosten mit bedacht werden, dann ist Solar- und Windstrom schon heute kostengünstiger als der bisherige fossil-atomare Strom-Mix. Jeder Verbraucher kann beim Vergleich seiner heutigen Energierechnung mit – sagen wir – Energiepreisen vor zehn Jahren feststellen: Der Strom wurde in dieser Zeit etwa 70 Prozent teurer, aber das Heizöl um etwa 200 Prozent. Auch die Benzinpreise stiegen und steigen schneller als die Strompreise – trotz der Energiewende.
Wer den herkömmlichen Strom mit Ökostrom vergleicht, verwechselt Äpfel mit Birnen, weil Solar- und Windstrom das gesellschaftlich wertvollere Produkt ist. Es entstehen für Kinder und Enkel nämlich keine Gesundheitsschäden und keine Folgekosten. Einige Cent pro Kilowattstunde Strom sollte uns das gute Leben unserer Nachkommen freilich schon wert sein.
Eine neue Studie des Forums für Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) kommt in dieser Frage zum Schluss: „Konventionelle Energien verursachen deutlich mehr Kosten als den Stromkunden direkt in Rechnung gestellt werden.“
Und das Bundesumweltamt bestätigt: „Für Atomkraft und Kohle mussten die Verbraucher deutlich mehr Subventionen aufbringen als für die jetzige Energiewende und für die Erneuerbaren Energien.“
Hinzu kommen bei den alten Energieträgern: Hunderte Milliarden Gesundheitskosten, Umweltschäden, Klimaschäden, Schäden durch nukleare Verstrahlung und Entsorgungskosten. Die Vertreter der Münchner Rückversicherung machen auf diese Milliardenschäden seit Jahrzehnten aufmerksam.
Scherzhaft gefragt: Was kostet es zum Beispiel, einen Pförtner zu bezahlen, der für eine Million Jahre Atommüll bewachen muss? Ich habe für eine meiner Sendungen in der ARD schon vor 20 Jahren das Fraunhofer-Institut in Karlsruhe ausrechnen lassen, was eine Kilowattstunde Atomstrom wirklich kosten müsste, wenn die Endlagerkosten und realistische Versicherungskosten für AKW mit berechnet würden.
Ergebnis: 4 Mark je Kilowattstunde, also zwei Euro.
Sonne und Wind schicken uns keine Rechnung
Dies ist der unschätzbare ökonomische Vorteil der künftigen ökologischen Energieversorgung. Ökoenergien sind umweltfreundlich und ihr Stoff geht uns nach menschlichem Ermessen niemals aus – während Kohle, Gas und Öl schon deshalb immer teurer werden müssen, weil sie in wenigen Jahrzehnten zu Ende gehen.
Dies ist der unschätzbare ökonomische Vorteil der künftigen ökologischen Energieversorgung. Ökoenergien sind umweltfreundlich und ihr Stoff geht uns nach menschlichem Ermessen niemals aus – während Kohle, Gas und Öl schon deshalb immer teurer werden müssen, weil sie in wenigen Jahrzehnten zu Ende gehen.
Da es sich dabei schlicht um Naturgesetze handelt, die wir lernen und beachten müssen, führt an der Energiewende kein Weg vorbei.
Wie soll eine Industrienation wie Deutschland ohne Energie künftig funktionieren? Die ökologische Energiewende ist mittel- und langfristig sogar preiswerter als ein Weiter-so wie bisher.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat soeben gesagt: „Die Strompreise sind vor der Energiewende stärker gestiegen als danach. Langfristig wird Energie durch die Energiewende billiger.“ Der Mann hat richtig gerechnet.
Sicher: Am Anfang ist jede neue Technologie teuer. Das war so beim Fernseher, bei der Waschmaschine und beim Auto. Aber durch Massenproduktion werden alle Technologien billiger.
Dieselbe Entwicklung erleben wir jetzt beim Solarstrom und haben wir beim Windstrom schon vor zehn Jahren gesehen: Im Jahr 2000 kostete die Kilowattstunden Solarstrom noch 70 Cent, heute 16 Cent und in etwa 10 bis 15 Jahren werden wir bei fünf Cent pro Kilowatt von der Sonne sein. Eine geradezu sensationelle Preisentwicklung in positiver Hinsicht.
Die erneuerbaren Energien sind schon heute, aber erst recht morgen unschlagbar preiswert, weil ihre Rohstoffe ein Geschenk der Natur und des Himmels sind. Wer dies begriffen hat, versteht die Vorteile der Energiewende und die Notwendigkeit einer solaren Energierevolution und einer solaren Weltwirtschaft.
Auch Kernenergie war am Anfang teuer. Und ist es heute noch. Die FÖS-Studie hat die aktuellen gesamtwirtschaftlichen Kosten aller Energieträger für das Jahr 2012 so errechnet: Windstrom 8,1 Cent, Wasserkraft 7,6 Cent, Steinkohle 14,8 Cent, Atomstrom zwischen 16.4 und 42.2 Cent.
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die Energiewende nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch geboten ist. Die Ökoenergien sind die preiswertere Variante und zudem eine riesige Chance für die gesamte deutsche Volkswirtschaft.
Ökoenergien werden ein deutscher Exportschlager. Von den sechs erneuerbaren Energien – Sonne, Wind, Bioenergie, Wasserkraft, Geothermie und Wellenenergie – ist Deutschland technologisch bereits bei drei Weltmarktführer: bei Sonne, bei Wind und bei Biogas. Und soeben kommen noch die notwendigen Speichertechnologien dazu, bei denen die deutsche Technik ebenfalls vorne liegt.
2012 wird in Deutschland bereits 25 Prozent Ökostrom gewonnen. Im Jahr 2.000 waren wir noch bei fünf Prozent. Wir können das 100-Prozentziel bis 2025 oder spätestens 2030 erreichen. Diese erfreuliche Entwicklung wurde nicht dank der alten Energiekonzerne geschafft, sondern dank engagierter Bürger, Bauern, Hausbesitzer, Mittelständler, Stadtwerken und Lokalpolitikern aller Parteien. Also von unten.
Diese erfreuliche Entwicklung führt dazu, dass immer weniger Geld zu den arabischen Ölscheichs und zu den russischen Gasbaronen schicken müssen. Energiewende bedeutet mehr Unabhängigkeit und mehr Freiheit. Das Geld der Region bleibt in der Region.
Es entsteht regionale Wertschöpfung und die Arbeitsplätze entstehen in der Region. Durch den jetzt schon geringeren Import von Öl und Gas hat die deutsche Volkswirtschaft 2011 acht Milliarden Euro eingespart.
Alle diese erfreulichen Zahlen werden von den hysterischen Kritikern der Energiewende nicht bedacht oder verdrängt. Die Energiewende hat bereits zu knapp 400.000 neuen und zukunftssicheren Arbeitsplätzen geführt, sagt das Bundesumweltministerium. Jahr um Jahr werden jetzt durch die Energiewende mehr Arbeitsplätze bei uns entstehen. Ein unschätzbarer sozialer Vorteil der Ökoenergien. Und unsere Export-Import-Bilanz wird von Jahr zu Jahr günstiger.
Die Energiewende-Planer der schwarz-gelben Bundesregierung haben freilich eine soziale Schieflage in ihre Energiewende-Politik eingebaut. Private Verbraucher müssen nämlich die Ökostromabgabe für die Großindustrie mitfinanzieren. Es gibt zu viele Befreiungen von der Umlage des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG). Das ist ungerecht und sollte rasch geändert werden.
Dann erhält die notwendige Wende eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz. Die Energiewende muss solidarischer gestaltet werden. Und sozial Schwache sollten und könnten von zusätzlicher Belastung befreit werden.
Die Internationale Energieagentur in Paris befürchtet, dass sich der Ölpreis bis 2020 nochmals verdoppeln könnte. Dann werden wir über die heutigen hitzigen Diskussionen wegen einigen Cent Ökostrom pro Kilowattstunde milde lächeln.
Die einzig vernünftige Erkenntnis aus den genannten Fakten und Zahlen lautet: Die Energiewende kostet, aber keine Energiewende kostet unser aller Zukunft. Noch haben wir die Wahl.
Auch Wirtschaftsminister Rösler wird lernen müssen, dass ohne rasche Energiewende der Energieversorgung ein Kollaps bevorsteht.
Der Autor ist Journalist, Buchautor und Fernsehmoderator. Er wurde bekannt durch das ARD-Magazin „Report“, das er bis 1992 leitete und moderierte. Bis 2003 leitete er die Zukunftsredaktion „Zeitsprung“ im SWR, seit 1997 das Magazin „Querdenker“ und ab 2000 das Magazin „Grenzenlos“ in 3sat.
Die Erstveröffentlichung des Beitrags erfolgte aufwww.sonnenseite.com. Franz Alt schreibt dort regelmäßig. Seine interessantesten Kommentare werden wir künftig auch aufwww.photovoltaik.eu veröffentlichen.
Der Autor ist Journalist, Buchautor und Fernsehmoderator. Er wurde bekannt durch das ARD-Magazin „Report“, das er bis 1992 leitete und moderierte. Bis 2003 leitete er die Zukunftsredaktion „Zeitsprung“ im SWR, seit 1997 das Magazin „Querdenker“ und ab 2000 das Magazin „Grenzenlos“ in 3sat.
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