Dünnschicht aufs Eigenheim

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Bernd Rech vom Helmholtz-Zentrums für Materialien und Energie in Berlin hat die Otti-Dünnschichttagung am 9./10. Februar in Würzburg wissenschaftlich geleitet. Er plädiert dafür, gerade in der Krise in Forschung und Entwicklung zu investieren. Die Firmen müssen schleunigst Photovoltaik-Produkte entwickeln, die die Vorteile der Dünnchichttechnologie ausspielen.
photovoltaik: Das Otti-Dünnschichtforum hatte letztes Jahr 300 Besucher, dieses Jahr nur 190. Zeigt das den Niedergang der Dünnschichtbranche?

Bernd Rech: Das zeigt eher den Status der Photovoltaik-Industrie und Wirtschaft im Krisenjahr insgesamt. Mitarbeiter wurden nicht nur in unserer Branche abgebaut oder in Kurzarbeit geschickt, entsprechend sinkt die Zahl Anmeldungen. Dazu kommt ein anderer Effekt. In den letzten Jahren wurden sehr, sehr viele neue Mitarbeiter in den Firmen eingestellt, die dann direkt auf die Tagung geschickt wurden, weil daran auch ein Weiterbildungsseminar hängt. Jetzt haben wir nicht mehr den Boom der letzten zwei Jahre, es werden weniger Mitarbeiter eingestellt und dann ist es ganz klar, dass die Teilnehmerzahl sinkt. Ich möchte deshalb auch darauf hinweisen, dass die Veranstaltung vor wenigen Jahren gestartet ist mit nur 80 Teilnehmern. Ich sehe weiterhin gute Chancen für die Dünnschichtfirmen, wenn sie die richtigen Produkte auf den Markt bringen und neue Märkte erschließen.

Welche sind das?

Mit der Dünnschichttechnologie kann man zum Beispiel semitransparente Module und flexible Solarmodule herstellen. Man hat die Möglichkeit, ästhetisch ansprechende Produkte für Gebäude und Fassaden zu entwickeln. Man muss vom Baustoff Solarzelle sprechen und nicht mehr einfach Solarmodule aufs Dach legen. Es gibt zwar erste Produkte, aber diese Märkte sind nicht erschlossen. Das sind heute Nischenmärkte, die in Zukunft große Märkte werden können. Da hat die Dünnschicht spezifische Vorteile, die es gilt zu erarbeiten.

Hat Dünnschicht auch eine Chance, mehr auf die Dächer von Ein- und Mehrfamilienhäusern zu kommen?

Ja, aber man muss nicht die klassische Aufdachanlage, sondern ein Solardach verkaufen. Wenn ich mein Dach komplett mit Solarmodulen decke, interessiert mich, was kosten die pro Quadratmeter, und nicht nur, was kosten die pro Wattpeak Leistung. Wenn man günstig, ein ästhetisches, dichtes, wärmeisoliertes Dach bekommt, das dann als Add-on auch noch Strom produziert, dann hat Dünnschicht dort sicher ein großes Marktpotenzial.
 
Gibt es solche Produkte schon?

Wenn ich heute ein Haus kaufe oder baue und ich bin kein Photovoltaik-Freak, dann nehme ich ein Haus mit einem Dach und lege dann eine Solaranlage drauf. Wenn ich aber ein schönes, gebäudeintegriertes Photovoltaik-Dach will, gibt es zwar einzelne Anwendungen, aber nicht als Standard. Deshalb sind die Preise auch noch zu hoch. Das liegt nicht nur an den Modulen, sondern an den anderen notwendigen Techniken. Dieses Produkt man noch weiter entwickeln und dann vermarkten.

Jetzt hat die Krise die Dünnschichtbranche aber in einer schwierigen Phase erwischt. Viele Firmen wollten letztes Jahr ihre Produktion hochfahren. Hat das trotzdem funktioniert?

Das ist für die einzelnen Firmen ganz verschieden. Die Dünnschichtfirmen, die schon länger im Markt sind, können die Kostenvorteile der Dünnschicht sogar ausspielen. Ich nenne nur die Firma First Solar, die sich ja in dieser Situation zum Weltmarktführer für Photovoltaik entwickelt hat. Das heißt, mit ihr steht derzeit ein Dünnschichthersteller auf Platz eins der Modulproduktion. Das geht meines Erachtens auch mit den anderen Dünnschichttechnologien. Andererseits ist es richtig, dass die Situation für Neueinsteiger nicht einfach ist. Da ist jetzt einiges an Kreativität gefordert, neue Märkte zu erschließen, die Technologie wirklich weiterzuentwickeln und natürlich diese neuen Produktionslinien doch noch schneller, als es die Businesspläne ursprünglich vorsahen, auf niedrige Kosten zu trimmen.

Sehen Sie in dieser Richtung Erfolge?

Auf der Tagung hat Würth Solar gezeigt, dass man Wirkungsgrade von fast 13 Prozent bereits in der Produktion mit der CIS-Technik erreicht. Man kommt also nahe an das multikristalline Silizium heran. Auch bei der mikromorphen Technologie wurden sehr gute Wirkungsgrade von den Firmen Inventux und Bosch Solar Energy mit Silizium Dünnschicht auf der Tagung kommuniziert. Werte die bisher erst nur im Labor demonstriert wurden.

Was ist dass besondere, wenn Firmen in der Produktion bei einzelnen Modulen einen Wirkungsgrad von 10,5 Prozent erreichen, was ähnlich hoch ist wie im Labor?

Zur Abscheidung der Schichten nutzt man Plasmaprozesse, die früher in Laboranlagen auf kleiner Fläche angewendet wurden. Das Besondere ist, dass man nun auch auf großen Flächen von 1,4 Quadratmetern die Laborergebnisse reproduziert. Das ist der erste Schritt, den man erreichen muss auf dem Weg zu einer Markenfertigung. Das stimmt positiv für die Zukunft.

Auf der Tagung kam zur Sprache, dass die wenigsten Dünnschicht-Hersteller in Deutschland sitzen und die Hersteller hierzulande ins Hintertreffen geraten. Warum ist das trotz dieser Ergebnisse der Fall?

In Deutschland gibt es sehr viel Hersteller. Allerdings kommen die größten und erfahrensten Hersteller im Bereich Dünnschicht aus den USA und Japan. Das bedeutet für Deutschland, dass man hier an der Wettbewerbsfähigkeit arbeiten muss und an neuen Technologien. Die Firmen und Institute in Deutschland sind weltweit mit führend in der Technologie. Nur, diese Führungsrolle müssen sie sich immer wieder neu erarbeiten und deshalb sehr viel in Forschung und Entwicklung investieren. In einer Situation, in der man viel sparen will, ist es in meinen Augen genau das Verkehrte, an Forschung und Entwicklung zu sparen. Sonst geraten die Firmen auf dem langfristigen Zukunftsmarkt Solarenergie, wir reden hier nicht nur von Jahren sondern auch von Jahrzehnten, wirklich ins Hintertreffen.

Das Gespräch führte Michael Fuhs.

In der Märzausgabe der photovoltaik (03/2010), die am 2.3. erscheint, finden Sie einen ausführlichen Bericht über Präsentationen vom Otti-Dünnschichtsymposium Anfang Februar zur Degradation von Dünnschichtmodulen und wie die Firma Flexcell diese positiv nutzen will.

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