„Die geplante drastische Reduzierung der Solarförderung ab April 2010 bedeutet vor allem für kleine Handwerksbetriebe nicht hinnehmbare Verluste.“ So bringt Joachim Eisert, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Reutlingen, seine Position in der aktuellen Debatte auf den Punkt. „Zeitpunkt und Höhe dieser Kürzung sind nicht akzeptabel!“, sekundiert sein Freiburger Amtskollege Johannes Burger. Hersteller, Handwerker und Verbraucher hätten sich auf die gesetzlichen Regelungen und die Ankündigung einer zusätzlichen Reduktion von bis zu neun Prozent ab Mitte des Jahres eingestellt. Die nun bereits für den April angekündigte Kürzung der Einspeisevergütung von 15 Prozent sei für alle Beteiligten nicht nur ein finanzieller Rückschlag: Die gesamte Branche werde durch diesen Schritt verunsichert.
Handwerkskammern fürchten Material-Verknappung
Die geplante Reduzierung der Vergütung wird nach Ansicht vieler deutscher Handwerkskammern in den nächsten Wochen einen Run auf die Photovoltaik-Anlagen zur Folge haben und damit zu einer Verknappung der Materialien führen. „Da die Förderung bei großen Anlagen vergleichsweise stärker sinkt als bei kleinen, werden die Module vorrangig in die zurzeit noch wesentlich lukrativeren Großanlagen für Investoren fließen. Die kleinen Endkunden-Anlagen werden hingegen immer weniger bedient werden können“, erläutert Joachim Eisert. Zudem seien Preiserhöhungen bei einer solch künstlichen Marktverknappung unausweichlich. Dieser Preisdruck könne zur Folge haben, dass der Anteil chinesischer Module noch weiter gestärkt werde. Deren Finanzierung über Staatsfonds ermögliche immerhin eine kostengünstigere Produktion und damit billigere Angebote.
Die Preise der Handwerksbetriebe richten sich aber nicht ausschließlich nach den Modulpreisen, sondern auch nach ihrem Arbeitsaufwand. „Mit der planmäßigen Reduzierung werden die Margen der Betriebe gesenkt“, sagt Johannes Burger. Der Druck des Marktes, diese Margen weiter zu schmälern, werde massiv wachsen. „Damit wird schwarzen Schafen der Weg zu den Kunden geebnet“, so Burger. „Der Verzicht auf Maßnahmen zur Arbeitssicherheit oder auf die umfassende Aufklärung der Kunden ermöglicht natürlich billigere Preise.“ Leidtragende seien die Arbeitnehmer und die Kunden. Der Zeitpunkt der Kürzung im April habe unter Umständen zur Folge, dass nun in den Wintermonaten Solaranlagen auf eigentlich nicht begehbare Dächer montiert werden. Darüber hinaus sehen den Kammern zufolge die Kunden ihre Finanzierung durch diesen Schnellschuss konterkariert und kündigen Aufträge im größeren Umfang.
Handwerksbetrieben droht Insolvenz
Der laut Eisert „radikal-kurzfristige Eingriff“ von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) schwäche daher vor allem die Kleinbetriebe im Handwerk, die sich und ihren Mitarbeitern im innovativen Bereich regenerativer Energien in den letzten Jahren eine Existenz aufgebaut haben. Das bestätigt Knut Deutscher, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Cottbus. „Es gibt Unternehmen, die sich auf die Solartechnik spezialisiert haben. Ihnen droht, den Betrieb aufgeben und Mitarbeiter entlassen zu müssen, sobald die Nachfrage zurückfällt.“ Gerade für Ostdeutschland wäre dies verheerend, denn hier stelle die Solarbranche inzwischen einen Wachstumsfaktor dar. „Eine längerfristige Regelung ist Grundlage, um den Markt nicht einbrechen zu lassen. Das Handwerk erwartet Verlässlichkeit in den Umsetzungen der Bundesregierung – ganz besonders in der Photovoltaik-Branche“, betont Deutscher. „Das Handwerk in Südbrandenburg hätte erwartet, dass ein stärkeres Umdenken hin zu alternativen Energieformen einsetzt: um die Vorreiterrolle für innovative Energieformen in Europa und weltweit auszubauen, aber auch um den Anreiz für den Verbraucher nicht wegfallen zu lassen.“
Auch die Handwerkskammer Dresden ist besorgt. „Der sparsame und verantwortungsbewusste Umgang mit Steuermitteln und Verbraucherpreisen liegt mir sehr am Herzen. Eine überstürzte Kürzung der im EEG festgeschriebenen Vergütungssätze ist jedoch auch keine Lösung“, meint Präsident Claus Dittrich. „Die Kürzung der Subventionen hat eine erhebliche Verunsicherung der Verbraucher zur Folge. Außerdem sieht das Handwerk diesen Schritt nach dem Klimagipfel in Kopenhagen als falsches Signal in Sachen Klimaschutz.“
ZVEH kritisiert Röttgen-Pläne
Der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) befürchtet, dass die Umstellung der Photovoltaik-Förderung einigen tausend Elektrohandwerksbetrieben die Geschäftsgrundlage entziehen wird. Der Verband spricht sich daher deutlich gegen Röttgens Pläne aus. „Das überstürzte und übergroße Absenken der Einspeisevergütung bereits zum 1. April – mithin in wenigen Wochen – wird den Photovoltaik-Markt in Deutschland weitgehend zum Erliegen bringen“, sagt ZVEH-Hauptgeschäftsführer Ingolf Jakobi. Der vom Bundesumweltminsiterium beabsichtigte Adhoc-Eingriff in bestehende Planungsabläufe drohe viele Handwerksbetriebe in die Insolvenz zu führen. (Petra Hannen)
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