Die Gesetzesvorlage von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) sieht vor, die Vergütung für Photovoltaik-Anlagen auf wertvollen Ackerflächen zum 1. Juli um 25 Prozent zu senken. Doch es gibt auch gute Gründe, landwirtschaftliche Flächen in einer Übergangsphase zur Gewinnung von Solarstrom zu nutzen. Dieser Ansicht ist auch Ernst Schrimpff, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Solarinitiativen (ABSI), der sich den Fragen der photovoltaik stellte.
Solarparks auf Ackerflächen verdrängen den Anbau von Nahrungsmitteln. Früher waren sie auch dagegen. Warum nicht mehr?
Schrimpff: Die Photovoltaik wird im erneuerbaren Energiemix später etwa ein Drittel des Strombedarfs decken müssen. Wir haben in Deutschland rund 6000 Quadratkilometer Dachflächen. Wenn wir 2000 davon mit Photovoltaik-Anlagen bebauen würden, kann man rein rechnerisch ermitteln, dass wir 35 Prozent des Strombedarfs damit decken könnten. Von daher war ich der Auffassung, dass wir mit Anlagen auf Gebäuden vollkommen ausreichend zurande kämen. Es hat sich aber herausgestellt, dass der Ausbau von Photovoltaik-Anlagen auf Gebäuden sehr viel langsamer vor sich geht, als wir es eigentlich bräuchten. Das liegt daran, dass sich viele Gebäudebesitzer nicht schnell entscheiden können, entweder weil ihr Haus demnächst eine Renovierung vor sich hat, dann verschieben sie es, bis das Dach renoviert wird. Oder sie haben Zweifel, weil Teile des Daches zeitweise verschattet sind. Deshalb haben wir gesagt, es ist sinnvoll, in der Zwischenzeit Photovoltaik-Freiflächenanlagen zu errichten, um diese Entwicklungsbremse im Bereich der Dachanlagen damit zu kompensieren.
Wie lange dauert diese Übergangszeit?
Schrimpff: Wir brauchen nur eine Generation an Photovoltaik-Freiflächenanlagen in einem bestimmten Ausmaß, die dann nach ihren 30 oder 40 Jahren Lebenszeit wieder zurückgebaut werden können, wenn dann die Dachanlagen ausgebaut sind. Ich bin sonst kein Freund von Freiflächenanlagen, ich ziehe es viel mehr vor, Photovoltaik auf Dächern und auf Fassaden zu sehen. Da arbeiten die Anlagen ja viel effektiver, weil Strom produziert und auch gleich verbraucht wird. Aber ich sehe keine Alternative, wenn wir die Entwicklung zur Energiewende rasch voranbringen wollen, auch Freiflächenanlagen zumindest eine Generation lang zu tolerieren.
Wie viel Ackerfläche benötigt man nach ihrem Szenario?
Schrimpff: Der entscheidende Punkt ist, dass wir für eine Generation von Photovoltaik-Freilandanlagen recht wenig Fläche benötigen. Wir haben für den Landkreis Freising ermittelt, dass durchschnittlich 0,3 Prozent der Gemeindeflächen ausreichen, um zusammen mit Dachanlagen einen Anteil von 30 Prozent zu erreichen, gemessen an dem Strom, der im Landkreis verbraucht wird.
Und Sie sehen kein Problem mit der Konkurrenz zum Nahrungsmittelanbau?
Schrimpff: Die Konkurrenz ist mit Sicherheit geringer, als wenn wir zum Beispiel noch mehr Strom aus Biogasanlagen erzeugen würden. Wenn wir über Maisanbau Biogas herstellen und aus Biogas Strom, produzieren wir nur ein Zwanzigstel oder noch weniger, als wenn wir auf der gleichen Fläche Photovoltaik-Freilandanlagen errichten. Die erzeugen 20- bis 25-mal mehr Strom. Wenn Biogasanlagen eine optimale Kraft-Wärme-Nutzung haben und die Überschusswärme wirklich voll genutzt wird, ist eine Photovoltaikanlage energetisch immer noch 12- bis 15-mal besser. Und das bedeutet, dass wir letztendlich, wenn es um die Stromerzeugung geht, die wir ja in Zukunft auch für die Elektromobilität benötigen, mit Photovoltaikanlagen auf der Fläche viel effektiver sein werden, als mit Bioenergien.
Sie und drei Solarinitiativen Bayerns haben Empfehlungen für kommunale Entscheidungsträger erarbeitet, die sich momentan schwer tun mit Entscheidungen über Solarparks. Was raten Sie?
Schrimpff: Wir empfehlen, dass bis zu 0,3 Prozent der Fläche einer Kommune für Freiflächenanlagen zur Verfügung gestellt werden sollte, damit sie auf einen 30 Prozent- Anteil an Solarstrom kommen kann. Wobei die Kommune natürlich zu entscheiden hat, wo sie in ihrer Gemarkung am wenigstens Probleme hat und wo die Akzeptanz am höchsten ist. Auch über die Größe sollte sie entscheiden. Das können mittlere oder kleinere Anlagen sein, aber es können auch große sein, wenn die Kommune meint, das wäre sinnvoller.
Jetzt droht eine Kürzung der Einspeisevergütung um 25 Prozent für Photovoltaik auf Ackerflächen. Wird es dann überhaupt noch jemanden geben, der Photovoltaik auf Ackerflächen baut?
Schrimpff: Die Kürzung ist sogar noch höher, weil die Einspeisevergütung dieses Jahr schon durch die im EEG vorgesehene Degression elf Prozent gesunken ist. Da kommen die 25 Prozent noch dazu. Es werden also 36 Prozent sein. Da stellen wir uns auch die Frage: Wird es überhaupt noch möglich sein, bei dieser wirklich brachialen Degression von 36 Prozent in einem Jahr, überhaupt wirtschaftliche Anlagen zu bauen? Das hängt sehr davon ab, ob die Modulpreise entsprechend weiter fallen, oder nicht.
Es ist ja die erklärte Absicht des Bundesumweltministers, die Förderung auf Ackerflächen so weit abzusenken, dass es nicht mehr attraktiv ist, dort zu bauen. Er wird sein Ziel also erreichen?
Schrimpff: Es ist die erklärte Absicht von CDU/CSU und offensichtlich auch von der FDP, dass der Bau auf Ackerflächen praktisch auf null zurückgefahren werden soll und sich die Freiflächenanlagen dann nur auf Konversionsflächen, auf Schallschutzwände oder ähnliche Flächen beschränken sollen. Ob das sinnvoll ist, möchte ich sehr in Frage stellen: Wir brauchen einen Schub in der Entwicklung der Photovoltaik, um das Ziel, bis 2025 die vorgesehenen 30 Prozent Solarstrom zu erzielen, wirklich zu erreichen. Dazu brauchen wir auch Freiflächenanlagen.
Das Gespräch führte Michael Fuhs
ABSI hat Kriterien vorgeschlagen, mit denen Kommunen systematisch über die Flächennutzung entscheiden können. Drei Solarinitiativen Bayerns haben gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft eine sechsseitige
In der aktuellen Ausgabe (02/2010) finden Sie unter dem Titel "Aufruhr im Sonnenland" einen ausführlichen Artikel zum wachsenden Protest gegen Photovoltaik-Freilandanlagen in Niederbayern.
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