„Der Umfang an Services ist größer geworden, das stimmt. Aber das heißt ja nicht, dass damit alles besser geworden ist.“ Das sagt ein Installateur aus dem Raum Aachen, der hier namentlich nicht genannt werden möchte. Wenn er heute eine Anfrage an seinen Lieferanten stelle, müsse er deutlich länger warten als noch vor einiger Zeit, erzählt er. Trotzdem hat er noch Glück. Denn er bekommt wenigstens noch die Module, die er haben will. Torsten Nowack, Geschäftsführer des Installationsbetriebes Solar Nowack in der Nähe von Schwerin, macht gerade andere Erfahrungen. Ihm teilten seine Großhändler im September mit, dass sie ausverkauft seien. Bis Jahresende seien die Module von drei deutschen Herstellern, die Nowack gern haben wollte, nicht lieferbar. Das ärgert Nowack, der viel an Landwirte liefert. Nachdem die ihre Ernte eingebracht haben, kümmern sie sich jetzt um ihre PV-Anlagen und bestellen endlich. Nowack muss sie nun auf das kommende Jahr vertrösten.
Der Photovoltaikmarkt scheint sich einfach nicht zu beruhigen. Kurzfristig schien es, als wenn die Lage sich entspannen würde. Nachdem die spanische Regierung ihr Einspeisegesetz geändert hatte und dieser Markt für die Hersteller wegbrach, suchten große Kontingente, die für die iberische Halbinsel vorgesehen waren, plötzlich wieder Abnehmer. Zeitgleich drängten immer mehr Produzenten aus aller Welt mit PV-Modulen auf den europäischen Markt. Die Modulschwemme war in aller Munde.
Das sollte aber nicht dazu führen, dass Investoren nun rasch zugriffen. Im Winter und Frühjahr werden traditionell weniger PV-Anlagen gebaut. Hinzu kam, dass potenzielle Investoren abwarteten, wie weit die Preise noch sinken würden. Das bekamen die Installateure zu spüren, und nachdem sie selbst monatelang wie Bittsteller behandelt worden waren, gaben sie diesen Druck nun an ihre Lieferanten weiter. „Die Kunden haben ihre Macht ausgespielt. Sie haben nicht gekauft oder die Preise gedrückt“, berichtet Ingo Martin, Gründer und Vorstand der SES 21 in Oderding/Polling von der ersten Jahreshälfte 2009. Mittlerweile seien die Preise wieder halbwegs stabil. Eine Preissensibilität bei den Kunden sei aber immer noch festzustellen.
Kaum zeichnet sich ein Hauch von Stabilität ab, taucht das nächste Problem auf. Jetzt werden die Module wieder knapp, zumindest die von deutschen Fabrikanten. Als es ein Überangebot an Modulen gab, drosselten viele Hersteller ihre Produktion. Nun sind die Lager abverkauft. Die Nachfrage explodiert. Mit ihrer Fertigung kommen sie nicht hinterher. „Das ist für mich die völlige Fehlplanung, so wie damals in der DDR“, sagt Nowack, der immerhin für zehn Mitarbeiter verantwortlich ist.
Zwischen den Stühlen sitzen die Großhändler. Sie können nicht mehr weitergeben, als sie von den Herstellern von Modulen, Wechselrichtern, Gestellen und anderen Komponenten erhalten. Deshalb legen sie sich nun ins Zeug, um ihre Kunden, die Weiterverkäufer, anders bei Laune zu halten. Das Schlagwort lautet Mehrwert. „Man muss einen überragenden und individuellen Kundenservice bieten, um Mehrwert zu schaffen“, weiß Tanja Senghas, Marketingleiterin bei MHH Solartechnik in Tübingen. Wie breit das Angebot sein kann, umschreibt Thomas Breinfalk, Marketingleiter bei der Hawi Energietechnik salopp mit: „Die komplette Palette – von der Wiege bis zur Bahre“. Vom ersten Kundenkontakt, sei es persönlich oder im Internet, über die Anlagenplanung und die Lieferung der Komponenten, bis zur Abwicklung möglichen von Reklamationsfällen: Dem PV-Installateur soll es an nichts mangeln, so das Idealbild.
Online-Service im Kommen
Information, Beratung und Bestellung rund um die Uhr: Das Internet macht dies seit den 1990er Jahren möglich. Im Kontakt zwischen PV-Handwerker und -Händler spielt der elektronische Handel bisher noch eine untergeordnete Rolle. Nicht alle sind von der Notwendigkeit eines umfangreichen Internetangebotes überzeugt. So zum Beispiel Tanja Senghas von MHH. „Die Kunden gehen gezielt auf die Produktseite und ziehen sich Datenblätter oder Garantiebedingungen herunter. Sie brauchen nicht viel mehr.“ Aufgrund dieser Erfahrung hat MHH bisher noch keinen geschlossenen Benutzerbereich für seine Kunden eingeführt. Thomas Breinfalk von Hawi stimmt ihr zu: „Das Internet spielt noch nicht die Rolle wie in anderen Bereichen. Es gibt ein gewisses Potenzial an Partnern, die ihr Faxgerät noch schätzen.“ Preislisten und andere Kundeninformationen versendet er deshalb zweigleisig – per Fax und per E-Mail. Doch so ganz ohne Internetangebot arbeitet natürlich auch Hawi nicht mehr. Das Unternehmen führt „internetgestützte Kampagnen“ durch, wie Breinfalk es nennt. Ein Beispiel: Zur Intersolar wurden die Fachpartner zu einer bayerischen Brotzeit eingeladen. Um Einzelheiten zu erfahren, mussten sie auf die Website gehen. Warum, versteht sich von selbst: Wer einmal auf einer Website ist, schaut sich dort in den meisten Fällen noch ein wenig um und erfährt so vielleicht Dinge, die für ihn neu und interessant sind.
Auch klassische Medien gefragt
Auch Ingo Martin von SES 21 schwankt noch zwischen klassischen und neuen Medien. Die Website seines Unternehmens bezeichnet er als Informationsplattform und weniger als Verkaufsplattform. Allerdings sagt er: „Das Internet wird noch eine stärkere Rolle spielen“, und nennt auch schon ein konkretes Beispiel. Ab 2010 sollen die Kunden des Systemhauses online den Auftragsstand nachverfolgen können.
Im Online-Zeitalter angekommen sind auch IBC Solar und Krannich. Sie setzen gerade auf dieses Medium. „Unser Ziel ist es, persönlich und parallel auch 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche online für die Kunden da zu sein“, betont Norbert Hahn, Mitglied des Vorstandes bei der IBC Solar AG in Bad Staffelstein. Deswegen habe sein Unternehmen vor allem die Services im Online-Bereich ausgeweitet. IBC unterscheidet einen Produkt- und einen Werbeshop. Im Produktshop können die Weiterverkäufer bestellen, im Werbeshop finden sie unter anderem Marketingkampagnen, die für ihre Zwecke entwickelt wurden. Sie können online eine Übersicht ihrer Angebote und Rechnungen abrufen, ganz so wie bei dem E-Commerce-Pionier Amazon. Darüber hinaus ermöglicht die Software „PV Manager“ von IBC Solar die Planung von Anlagen und bezieht gesetzlich geregelte Wind- und Schneelastnormen mit ein. „So sparen Fachpartner Zeit und Geld, da sie keinen externen Statiker mehr hinzuziehen müssen“, sagt Hahn. Einzigartig ist dieses Angebot allerdings nicht. Bei Donauer Solartechnik gibt es den „PV Designer“. Nach Firmenangaben dauert es zehn Minuten, bis ein Nutzer damit eine „technisch richtig konfigurierte Anlage inklusive Angebot und Statik“ berechnet hat.
Mit Blick auf den internationalen Markt bietet IBC die Software gleich in acht Sprachen an, inklusive Niederländisch, Bulgarisch und Tschechisch. „Seit der Einführung im Mai verzeichnen wir eine Zugriffssteigerung von knapp 70 Prozent“, freut er sich über die gute Resonanz. Durch diesen Erfolg beflügelt, will er demnächst auch webbasierte Schulungen anbieten. Auch Krannich Solar in Weil der Stadt/Hausen ist davon überzeugt, dass das Internet Mehrwert bietet. Das „Krannich Solar-Business Portal“ ist seit einem Jahr online. Kunden können hier beispielsweise die Artikel-Verfügbarkeit mit voraussichtlichen Lieferzeiten einsehen. Zur diesjährigen Intersolar erweitere Krannich das Online-Angebot durch mehrere Konfiguratoren. Durch Grafiken illustriert, können Interessenten und Kunden Dächer mit Modulen belegen und die Maximalleistung automatisch ermitteln lassen. Mit dem „Gestellkonfigurator“ können sie Montagemöglichkeiten durchspielen. „Viele Handwerker müssen abends oder am Wochenende ihre Büroarbeit erledigen. Wir geben ihnen die Möglichkeit, dies zu tun, ohne an feste Zeiten gebunden zu sein“, so Gundula Eckhardt.
Ähnlich wie bei den Großhändlern, die sich über Sinn und Zweck von Händlerportalen noch nicht einig sind, sieht es auch bei den Installationsbetrieben aus. Ute Wischnumerski, die bei Martin Walz Elektro- und Solartechnik im Einkauf tätig ist, gefällt das Businessportal von Krannich. „Das ist eine gute Arbeitshilfe. Wir nutzen es täglich“, berichtet sie. Torsten Nowack von Solar Nowack meint, dass der Zugang zu einem geschützten Händlerbereich, aktuelle Preislisten, die Anlagenkonfiguration und Bestellung im Internet heute gang und gäbe seien. „Ich finde den Service schon gut“, sagt er. „Aber man muss es mögen und machen.“ Er arbeitet lieber noch mit den klassischen Medien.
Finanzierungshilfen und mehr
Manchmal scheitert es am Geld, dass ein Investor nicht die gewünschte Anlage bauen kann. Für den Fall bietet SES 21 einen besonderen Service an. Das Unternehmen unterhält eine eigene Finanzierungsabteilung mit zwei Teilzeitkräften. Diese arbeiten mit zwei Banken zusammen, die sie nicht mehr groß von den Vorzügen von Photovoltaikanlagen überzeugen müssen. „Wir schaffen es oft, eine Finanzierung zu bekommen“, sagt Vorstand Ingo Martin. Die meisten würden dann doch über ihre Hausbank finanzieren, weil sie zu der ihnen bekannten Bank mehr Vertrauen hätten. Die Zuarbeit von SES 21 hilft ihnen aber insofern, als dass sie mit der Finanzierungszusage einer anderen Bank bessere Chancen bei dem eigenen Geldinstitut haben.
Ist die Anlage finanziert, geplant und bestellt, wartet der Kunde auf die Lieferung. Auch hier ist Flexibilität gefragt.Einige Fachgroßhändler wie SES 21 liefern pünktlich zum Start der Bauarbeiten direkt auf die Baustelle. Krannich wirbt seit diesem Frühjahr mit verlängerten Lageröffnungszeiten. Offiziell hat das Warenlager in Hausen werktags nur bis 18.30 Uhr geöffnet. Gegen Voranmeldung können Handwerker ihre Komponenten nun bis 20.00 Uhr abholen. Samstags hatte das Lager bisher geschlossen. Jetzt ist die Abholung an diesem Tag gegen Voranmeldung bis 16.00 Uhr möglich. Und für Frühaufsteher, die Installateure bekanntermaßen sind, bietet Krannich gleich noch einen dritten Service an, die Expresstheke. Um 6.30 Uhr öffnet der Schalter im Lager, an dem sie auf dem Weg zur Baustelle fehlende Kleinigkeiten wie Dachhaken oder Schrauben besorgen können. Den Handwerkern scheint diese Möglichkeit gut zu gefallen: „Es wird sehr gut angenommen“, sagt Gundula Eckhardt, Marketingleiterin bei Krannich.
Schulungsprogramm ausgebaut
Eines der gängigen Kundenbindungsinstrumente sind Produkt- und Marketingschulungen. Auch hier wird das Angebot erweitert, zum Beispiel bei MHH. 2006 bot MHH zusammen mit seinen Lieferanten Schott Solar und Sunways erste Schulungen an. 2008 kamen zu den technischen Schulungen Marketingseminare hinzu. In diesem Jahr stellt Tanja Senghas eine Auffälligkeit fest. „Wir haben die Photovoltaik-Grundlagen wieder ins Programm aufgenommen“, sagt sie. „Wirtschaftlich sind die Anlagen nun, deshalb wird diese Schulung nicht mehr so stark nachgefragt.“
SES 21 bietet erst seit Anfang dieses Jahres Schulungsseminare an. Externe Trainer schulen zu Themen wie Installation, Verkauf und Marketing. Damit die Kunden keine langen Fahrtwege haben, führen die Trainer Schulungen auch vor Ort durch. Wenn in den technischen Workshops die Module hinreichend behandelt sind, will sich SES 21 der Wechselrichter annehmen. Danach soll es sich verstärkt um Montagegestelle drehen. Bisher würden die Schulungen noch sporadisch stattfinden, so Martin. „Wir sind dabei, das Angebot auszubauen.“
Dass ein einheitliches Erscheinungsbild ein Muss ist, lernt jeder Existenzgründer schnell. Handwerkern wird oft vorgeworfen, sie hätten nur ihre Anlagentechnik im Sinn und mit Marketing nichts am Hut. Deshalb haben die Großhändler es sich zum Ziel gesetzt, sie mit allem auszustatten, was für einen professionellen Auftritt nötig ist. Ein Betrieb, der beispielsweise fest mit MHH Solartechnik zusammenarbeitet, braucht sich über seine Außenwirkung kaum noch Gedanken zu machen. Ob er zum Kunden geht, auf einer Messe ausstellt oder in der Tageszeitung inseriert: Sein Lieferant hat für jeden Fall die passende Ausstattung. Für den Kundenbesuch gibt es eine Angebotsmappe und ein kleines Photovoltaik-Abc. Kleine Mitbringsel sind Kugelschreiber, Minifruchtschnitten und Solarhubschrauber. Für den Messestand bietet MHH Demoständer mit ausziehbarem Tisch, mit Solarmodul und Wechselrichter. Ebenso gibt es Wechselrichter- und Moduldummys, Plakate und Posterserien. Wer eine Anzeige in einer Zeitung oder Zeitschrift schalten will, braucht bloß eine von vielen Vorlagen zu wählen und seine Daten einzufügen.
Gefragte Marketinghilfen
Solche Angebote sind Usus bei Großhändlern, wenngleich die Breite des Angebots sicher variiert. Eine Veränderung in der Nachfrage stellt Timo Wild, Marketingmanager bei Frankensolar, in diesem Jahr fest. Dieser Großhändler bietet ebenfalls schon länger Werbemittel und Unterlagen für die Geschäftsausstattung an. „Das ist aber jetzt erst durchgestartet“, berichtet er. Vor allen Dingen würden die Kunden immer häufiger individuelle Anzeigen haben wollen. „Die Standards an Motiven und Fotos werden immer weniger genutzt“, berichtet Wild. Stattdessen gestalten die Grafiker von Frankensolar jetzt häufiger komplett individuelle Anzeigen für die Kunden. Gleiches berichtet Kai Perschau, Marketingmitarbeiter bei der EWS in Handewitt. Auch hier gestaltet die Marketingredaktion, in der sechs Mitarbeiter für Konzeption, Redaktion und Grafik zuständig sind, verstärkt individuelle Anzeigen für Partnerbetriebe.
Nicht erst seit gestern
Wild und Perschau gehören zu denjenigen, die betonen, dass ihre Unternehmen nicht erst in diesem Frühjahr ihre Servicepalette für Installateure erweitert haben. „Wir sind ständig dabei, unseren Service auszubauen“, sagt Wild von Frankensolar. Perschau fügt hinzu: „Angesichts der aktuellen Marktsituation gibt es keine Änderung.“
Tanja Senghas von MHH bestätigt, dass man zwar von einer Serviceoffensive sprechen könne. Trotzdem ist ihr wichtig zu betonen: „Das ist bei uns keine Reaktion auf den veränderten Markt, sondern Teil einer Offensive, die wir 2006 begonnen haben.“ In dem Jahr führte MHH eine Umfrage durch, um mehr über die Bedürfnisse seiner Kunden zu erfahren. Brauchen sie Schulungen? Gehen sie auf Messen? Brauchen sie PR-Unterstützung? Wir wollten alles wissen“, erzählt Senghas von der Umfrage, die mit einer Rücklaufquote von 33 Prozent ein überdurchschnittlich gutes Ergebnis erzielte. Eine erste Folge waren die Schulungen, die MHH in dem Jahr einführte.
Keinen akuten Handlungsbedarf sieht die Soleg AG im niederbayerischen Zwiesel. „Als eher kleine Firma bieten wir seit jeher mehr Service an“, sagt Josef Weindl, Geschäftsführer und Chef von 30 festen Mitarbeitern. Neben der kompletten Vorplanung von Anlagen zählt er dazu die rasche Unterstützung bei Servicefällen. Der Systemanbieter beliefert rund 100 Kunden in Deutschland, Tschechien und Italien. Die Menge der Anfragen könne Soleg kaum noch bewältigen, sagt Weindl. Und deshalb sieht er einen ganz anderen Bedarf: „Der Engpass wird jetzt bei den Installateuren auftreten. Die können die Anfragen gar nicht mehr alle bearbeiten.“
Zu viele Anfragen, zu viele Aufträge, zu wenig Module. Nicht alle Installateure würden Timo Wild von Frankensolar zustimmen, wenn er sagt: „Man versucht, alles 100 Prozent und sofort für den Kunden zu machen. So wie es sein sollte, ist es jetzt.“ Manchmal hilft, wie überall, nur das berühmte Vitamin B. „Das ist Vetternwirtschaft“, meint PV-Installateur Nowack. „Wir machen das jetzt seit zehn Jahren. Da hat man langjährige Kontakte. Jeder hat jedem schon einmal geholfen.“
Es bleibt, wie es war. Ideal sind die Zustände in der Photovoltaikbranche noch nicht. Doch jeder sieht zu, dass er das Beste daraus macht.
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