Warum hat von den drei wichtigsten Dünnschichttechnologien die Kupfer-Indium-basierte CIS-Dünnschicht das größte Potenzial?
Wir haben ein Modell entwickelt, mit dem wir die Produktion von Zellen simulieren können, sowohl die von kristallinen Zellen als auch die von Dünnschichtzellen. Das beinhaltet unter anderem die Taktzeiten der Produktionslinie, die Ausbeute in den verschiedenen Stufen, die Ausfallzeiten. Mit diesem Modell simulieren wir, wie sich Ausbeute und Produktionskosten verändern, wenn man an bestimmten Schrauben dreht. Die Ergebnisse haben wir mit den Ergebnissen unseres Selling-Price-Modells verglichen. Das ermöglicht uns Prognosen, wie viel in den nächsten Jahren für ein Modul bezahlt werden wird. So können wir den Profit ausrechnen, den ein Hersteller erwarten kann. Wir haben dabei festgestellt, dass CIS das größte Potenzial hat, weil die CIS-Hersteller potenziell am billigsten produzieren können.
Wie sieht der Vergleich konkret aus?
Grundsätzlich unterscheiden sich die verschiedenen Dünnschichttechnologien in den Kosten nicht so sehr. Die Kapitalkosten für den Aufbau einer Fabrik sind ähnlich. Das Gleiche gilt für die Materialkosten. Die meisten Materialkosten stecken sowieso nicht in der Absorberschicht, sondern in dem Drumherum. Mit anderen Worten: Auf die Modulfläche bezogen unterscheiden sich die Kosten nicht so sehr, sondern erst wenn Sie die Kosten pro Watt Nennleistung rechnen – wie es üblich ist. Deshalb ist der Haupthebel zur Kostensenkung der Wirkungsgrad. Und CIS hat das größte Wirkungsgradpotenzial.
Man muss für CIS erst noch zeigen, dass sie wie Siliziumdünnschicht in großen Stückzahlen funktioniert. Muss man das Risiko nicht gegenrechnen?
Das haben wir uns angeschaut. Das gilt auch für die Frage, ob man bei Cadmiumtellurid-Dünnschicht Umweltrisiken eingeht oder nicht. Solche Fragen kann man aber nicht in Euro bewerten. Das gehört allerdings auf jeden Fall zu einer Risikobetrachtung.
Das heißt, Sie analysieren auch nicht, warum es bisher erst relativ wenig CIS-Dünnschicht gibt?
Na ja, was heißt analysieren? Wir schauen uns die Situation natürlich genau an. Das, was Sie ansprechen, hat einen technologischen und einen historischen Hintergrund. Einerseits ist es sehr schwierig, die Technologie in den Griff zu kriegen. Am ZSW in Stuttgart haben sie 15 Jahre dafür gebraucht. Andererseits ist die Firma First Solar deshalb so weit vorn mit der Produktion der Cadmiumtellurid-Dünnschichtmodule, weil sie eines Tages mehr oder weniger zufällig genau die richtigen Prozessparameter gefunden hat, mit denen man den Wirkungsgrad hochtreiben kann bei einem halbwegs schnellen Produktionsprozess. Dadurch sind sie den anderen Firmen zwei bis drei Jahre voraus.
Ist das aufholbar?
Für Unternehmen, die bereits die technologischen Fertigkeiten haben, den Wirkungsgrad in kurzer Zeit zu erhöhen und in einer Massenproduktion umzusetzen, ist das aufholbar. Ich denke hier an Unternehmen wie Würth Solar und die Q-Cells-Tochter Solibro und einige andere. Für einen Marktneuling dürfte es schwierig werden, heutzutage eine CIS-Anlage zu bauen. Bei einem Kauf vergehen etwa anderthalb Jahre, bis er sie aufgebaut hat. Hinzu kommt mindestens ein halbes Jahr, bis sie läuft. Dann dauert es, bis er einen Wirkungsgrad von wenigstens zwölf Prozent erreicht. Insgesamt muss er also mindestens zweieinhalb bis drei Jahre für die Startphase einplanen. Dabei konkurriert er mit einer Industrie, die sich längst weiterentwickelt hat. Die Marktpreise sind natürlich auch gesunken. Kurzum: Es ist schwierig für jemanden, der jetzt einsteigen will.
Welche Preise müssen die Firmen erreichen, um konkurrenzfähig zu sein?
Alle müssen mit First Solar und dessen Cadmiumtellurid-Dünnschichtmodulen konkurrieren. First Solar hat veröffentlicht, jetzt unter einem Dollar pro Watt Nennleistung zu produzieren. Und die Firma hat Ende letzten Jahres verkündet, im europäischen Markt für
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1,54 Euro pro Watt Nennleistung zu verkaufen. Wir haben aber gehört, dass ihre Preise schon jetzt darunterliegen. Bis jetzt war der Preisdruck weniger stark als befürchtet, weil es einen Mangel an Solarmodulen gab. Sollte First Solar jetzt aber seine Kapazitäten ausbauen, dann wird es für Wettbewerber schwieriger.
Heißt das, Sie sehen auch schwarz für die vielen Firmen, die amorphe und mikromorphe Dünnschicht-Siliziumzellen herstellen wollen?
Amorph ist out, weil die erzielten Wirkungsgrade zu klein sind. Und wer mikromorphe Tandemzellen herstellen will, muss hervorragendes technologisches Know-how haben.
Gilt das auch für die Hersteller, die schlüsselfertige Turnkey-Anlagen bei Oerlikon und Applied Materials kaufen?
Das halte ich für sehr schwierig. Ich glaube, dass es 80 bis 90 Prozent der weit über hundert Firmen nicht schaffen werden. Dagegen bin ich ziemlich sicher, dass es die Firmen schaffen werden, die schon seit über 15 Jahren daran arbeiten. So zum Beispiel Schott Solar oder Sharp Solar und vielleicht noch ein paar andere kleinere Unternehmen, die Know-how in Form von Personen eingekauft haben. Das Problem ist, dass einige, wie beispielsweise Applied Materials, rund acht Prozent Wirkungsgrad garantieren. Das reicht aber nicht aus. Sie brauchen mindestens zehn oder elf Prozent Wirkungsgrad. Und die zu erzielen ist nicht einfach.
Bisher ist es ja ein Glaube, den viele Experten äußern, die schon lange auf dem Gebiet tätig sind. Sehen Sie das auch schon in Ihren Analysen?
Bei den Dünnschichttechnologien ist manch einer versucht zu denken: Wenn mir das einer beibringt, dann kann ich es auch selbst machen. Ich vergleiche das gerne mit folgender Situation: Wenn Sie zwei Jahre bei einem Dreisternekoch in die Lehre gehen und sich dann selbständig machen, ist noch lange nicht garantiert, dass auch Sie ein Dreisternekoch werden.
Es gibt zwei Fraktionen. Die eine sagt genau das, was Sie auch sagen. Man muss das Know-how einfach haben. Die andere Fraktion sagt aber: Wir kommen aus dem Halbleiterbereich, wir können das auch. Deswegen wäre es sehr spannend, objektive Daten dazu zu sehen.
Es gibt dazu keine objektiven Daten. Ob ein Know-how-Transfer erfolgreich ist, wissen Sie erst hinterher – also wenn einer entweder vor die Wand gefahren ist oder wirklich erfolgreich war. Dieses Argument mit dem Halbleiterbereich bezweifele ich. Dort nehmen sie eine fertige Siliziumscheibe und machen darauf Photolithographie. Das ist etwas vollkommen anderes, als eine dünne Schicht aufzudampfen. Hinzu kommt, dass dort noch nie an einem Wirkungsgrad gearbeitet wurde.
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