Die hohe Kunst der Vorbereitung

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Kurz hinter dem Ortsausgang von Sulzemoos Richtung Altstetten sind nur Felder, Wiesen und Wald zu sehen. Erst wenn die kurvige Landstraße eine kleine Anhöhe erreicht, sind vor dem Waldrand in der Sonne blinkende Modulreihen zu erkennen, die sich in die sanfte Hügellandschaft schmiegen. „Den Leuten hier vor Ort war es wichtig, dass der Solarpark möglichst nicht direkt einsehbar ist und gut in die Landschaft eingepasst ist“, sagt Arnde Radl. Dagegen schauten die Investoren der Korda Mobiliengesellschaft mbH & Co. KG, einer Fondsgesellschaft der KGAL, an erster Stelle auf die Rendite und die erwarteten Erträge der 1,88 Megawatt starken Anlage. Und die können sich sehen lassen: Nach Süden ausgerichtete First-Solar-Module, die vierreihig aufgeständert sind, erzeugten im ersten Betriebsjahr 2008 über 2,2 Millionen Kilowattstunden Solarstrom. „Mehr als wir prognostizierten“, freut sich Radl. Der 43-jährige Mitarbeiter der Phoenix Solar Energy Investments AG hat maßgeblichen Anteil daran, dass die erste Sulzmooser Freiflächenanlage errichtet wurde. Denn er koordinierte als Senior Project Development Manager deren Projektierung.

Ehemalige Äcker im Fokus

Solarparks zu projektieren ist ein komplexer Prozess und beginnt schon Monate bevor die ersten Vertragsverhandlungen mit Investoren stattfinden, die Technik im Detail geplant wird und die Montagetrupps anrücken. Bei Unternehmen wie der Sulzmooser Phoenix Solar AG, der Gehrlicher Solar AG (Neustadt bei Coburg) oder der Hamburger Sunenergy Europe GmbH widmen sich eigene Abteilungen dieser Aufgabe. Am Anfang steht die Auswahl geeigneter Standorte. In Frage kommen in Deutschland nur ehemalige Ackerflächen, die zum Zweck der Errichtung von Freilandanlagen in Grünland umgewandelt wurden, sowie versiegelte Flächen wie Mülldeponien oder Konversionsflächen, etwa Bergbau- oder Militärbrachen. Denn laut Paragraf 32, Absatz 3 EEG muss ein Netzbetreiber nur Freiland-Solarstrom von solchen Flächen vergüten.

Teure Überraschungen vermeiden

Eindeutig am höchsten im Kurs stehen bei den befragten Projektierern die ehemaligen Ackerflächen. Denn auf diesen können Solarparks meist am unproblematischsten und damit am kostengünstigsten gebaut werden. „Von Standorten wie ehemaligen Mülldeponien oder früheren Militäranlagen lassen wir normalerweise lieber die Finger, da stellt sich meist das Problem schwieriger Bodenverhältnisse“, sagt Phoenix-Projektentwickler Radl. So müsse an Deponiestandorten mit statischen Problemen aufgrund von Senkungen und Setzungen gerechnet werden, bei aufgelassenen Kiesgruben ist die Staubbelastung nicht zu unterschätzen, und auf ehemaligen Militäranlagen sei die Kampfmittel- und Altlastenräumung schwierig. „Wo es vernünftig ist, wollen wir künftig auch verstärkt auf Konversionsflächen gehen“, sagt dagegen Gehrlicher-Vorstand Thomas Sanders. Um später keine teuren Überraschungen zu erleben, lassen die Neustädter allerdings auch auf Ackerflächen meist Bodengutachten durchführen. „Auf diese Weise können wir teure Felsbohrungen vermeiden und die Windfestigkeit der vorgesehenen Montagesysteme bereits im Vorfeld besser abschätzen“, betont Sanders. Beides seien Faktoren mit erheblichen Auswirkungen auf die spätere Wirtschaftlichkeit der Anlage.
Probleme, geeignete ehemalige Ackerflächen in Deutschland zu finden, gibt es nach Angaben von Phoenix-Mitarbeiter Radl „momentan nicht, da der Biomasseboom ja abebbt. Die Zeiten, als wir jemand ins Auto setzen mussten, um nach Flächen zu suchen, sind endgültig vorbei.“ Ganz im Gegenteil: „Viele Grundstückseigentümer kommen derzeit auf uns zu“, und man habe eigens entsprechende Formulare im Internet bereitgestellt, berichtet Radl.
Neben der Bodenbeschaffenheit muss vor allem die Sonneneinstrahlung stimmen, damit sich eine Freiflächenanlage rechnet. „In Süddeutschland brauchen wir Standorte, die mindestens 1.000 Kilowattstunden pro Kilowattpeak Ertragsleistung abwerfen“, betont Gehrlicher-Vertreter Sanders. Doch auch Standorte in Norddeutschland, die etwas darunterlägen, seien zunehmend interessant. Sunenergy engagiert sich vor allem bei der Projektierung von Freiflächenanlagen in Schleswig-Holstein und kalkuliert dort laut Projektingenieur Florian Kubitz mit einem Mindestertrag von 950 Kilowattstunden pro Kilowattpeak.
„Ein wichtiger Aspekt bei der Standortwahl ist auch die Nähe zu einem Netzanschlusspunkt“, sagt Phoenix-Projektentwickler Radl. Ansonsten würden die Leitungsverluste zu hoch sowie die Trassen- und Grundbuchsicherung zu aufwändig und damit zu teuer. Deshalb rechnet Phoenix bei einer ein Megawatt starken Anlage mit einem maximalen Abstand von einem Kilometer zum nächsten Einspeisepunkt. Bei einem Solarpark mit fünf Megawatt Leistung dürfen es auch mal vier bis fünf Kilometer sein, doch darüber ist zumindest in Deutschland Schluss. Selbst wenn ein nahe gelegener Netzanschluss vorhanden ist, stellt sich allerdings die Frage, wie viele Megawatt zusätzlich eingespeist werden können und ob der Betreiber nicht den späteren Anschluss eines Solarkraftwerks mit dem Hinweis auf eine Netzüberlastung ablehnt. Laut Radl gibt es damit „bisher kaum Probleme“, die Zusammenarbeit mit den Netzbetreibern laufe „fast immer reibungslos“. Gehrlicher und Sunenergy haben ähnliche Erfahrungen gemacht und sehen hierbei auch kein großes Nord-Süd-Gefälle in Deutschland. Wichtig sei es in jedem Fall, rechtzeitig das Gespräch mit dem zuständigen Netzbetreiber zu suchen.

Betroffene früh einbeziehen

Dies gilt auch für die Einbeziehung der weiteren Betroffenen und Entscheidungsträger vor Ort. „Entscheidend ist es, rechtzeitig persönliche Gespräche zu führen“, unterstreicht Thomas Sander, sei es mit den Grundeigentümern, Anwohnern, Naturschützern, Journalisten, Gemeinderäten oder mit dem Bürgermeister. Denn ohne eine örtliche Akzeptanz für das Vorhaben kann es zu kostspieligen Verzögerungen bei der weiteren Planung oder gar einer Verweigerung der Genehmigung kommen.
Freiflächenanlagen sind in allen Bundesländern – bis auf Baden-Württemberg – genehmigungsbedürftig. Sie gelten nicht als privilegiertes Bauvorhaben, weshalb im kommunalen Flächennutzungsplan ein „Sondergebiet Solar“ ausgewiesen sein muss. Notwendig ist außerdem ein Bebauungsplan, der von der zuständigen Gemeinde aufgestellt wird. Sie prüft die Raumbedeutsamkeit und Umweltverträglichkeit des Vorhabens und bezieht dabei die Bürger und alle Träger öffentlicher Belange ein, von der Baubehörde bis zum Naturschutzbund. Ein Grünordnungsplan, ein Umweltbericht und gegebenenfalls eine Umweltverträglichkeitsprüfung müssen vorgelegt werden. Darin können Auflagen, etwa für spätere Heckenpflanzungen oder Ausgleichsflächen, festgeschrieben werden.
Das alles kostet den Projektentwickler Zeit und Geld. Bis zu sechs Monate dauert ein Bebauungsplanverfahren nach Erfahrung von Phoenix-Mitarbeiter Radl, weitere sechs bis acht Wochen können ins Land gehen, bis die Baugenehmigung vorliegt. Die gesamte Projektierungsphase für einen Solarpark in Deutschland nehme im Durchschnitt neun bis zwölf Monate in Anspruch, große Unterschiede zwischen den Bundesländern gebe es nicht.

Teure Planungskosten

„Neben dem Grundstückskauf ist der teuerste Posten meist die Beauftragung eines Landschaftsarchitekten“, sagt Radl. Auf diese Weise kommt schnell eine stolze Summe zusammen. So kalkuliert Phoenix in Deutschland für eine Freiflächenanlage „pro Megawatt mindestens 50.000 Euro reine Planungskosten“. Geld, das die Projektierer in der Regel vorschießen, indem sie Optionsverträge abschließen, die nach der Genehmigung wieder an Investoren veräußert werden. Erfüllen sich deren Renditeerwartungen von momentan mindestens sechs bis neun Prozent, brauche man laut den befragten Unternehmen auf interessierte Käufer nicht lange warten. „Gute Projekte lassen sich immer verkaufen, nicht nur rund um Sulzemoos“, betont Radl. Eine solide Projektierung macht sich also bezahlt.

Ablauf Projektentwicklung
1. Phase
1Flächensuche
2Klärung mit dem Netzbetreiber, wo und wie viele Megawatt eingespeist werden können; Kostenabschätzung für den Netzanschluss
3Klärung behördlicher und öffentlicher Belange- Leitungs- und Wegerechte/Grunddienstbarkeiten- Behördliche Auflagen- Akzeptanz in der Öffentlichkeit, Vorträge und Informationsveranstaltungen- Lokalpolitisches Networking
4Bauvoranfrage
5Vorvertrag mit Grundstückseigentümer
6Grobe Kalkulation der Projektkosten unter Berücksichtigung der projektspezifischen Gegebenheiten
7Zusammenfassung der möglichen Projektrisiken und Entscheidung, ob das Projekt weiterverfolgt wird; Basis sind technische und kaufmännische Realisierbarkeit
2. Phase
8Konkrete Verhandlungen und Vertrag mit Grundstückseigentümern und Netzbetreiber
9Bauleitplanung und Baugenehmigungen abgeschlossen
10Entscheidung, ob das Projekt realisiert wird; Basis sind technische und kaufmännische Realisierbarkeit sowie Auflagen im Zuge der Bauleitplanung und Baugenehmigung
Quelle: Gehrlicher Solar AG

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Kommunikationsstrategie für FREIFLÄCHENANLAGEN

Nach Erfahrung der Gehrlicher Solar AG hat sich folgende Kommunikationsstrategie bei der Projektierung von Solarparks bewährt, um die örtlichen Entscheidungsträger von dem geplanten Vorhaben zu überzeugen:
1. Kontakt zum Bürgermeister aufnehmen und einen Vor-Ort-Termin vereinbaren: Vorab beim Bürgermeister die Akzeptanz von Freiflächen-Photovoltaik in der Gemeinde erfragen. Bei einem Vor-Ort-Termin Unternehmen und Projektteam vorstellen sowie Erfahrung in der Freifläche am Beispiel von Referenzprojekten erläutern.
2. Kontakt zum Gemeinderat aufnehmen und das Projekt vorstellen, damit dieser das Bauleitplanverfahren einleiten kann: Sachlich informieren und Vorurteile abbauen – etwa in Bezug auf Strahlung, Flächenversiegelung oder hinsichtlich der Einbindung von Freiflächenanlagen in die Landschaft.
3. Kontakt zum Landratsamt als zuständiger Genehmigungsbehörde aufnehmen: Frühzeitiges aktives Einbeziehen des Landrates, um mit ihm die Vorteile der Freiflächen-Photovoltaik für seinen Landkreis zu erörtern. Bei einem Vor-Ort-Termin das Projektteam vorstellen und den Ablauf des Projektes erläutern.
4. Alle politischen Entscheider zur Besichtigung eines Referenzprojektes einladen und die einzelnen Schritte erläutern.
5. Frühzeitig die Vertreter der regionalen Medien ansprechen und diese als Multiplikatoren nutzen: Über Gesprächstermine mit den politischen Entscheidern in Kenntnis setzen und Informationen zum Projekt, wie Umfang und Bauzeit, weitergeben.

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