Im vergangenen Herbst versetzten Ankündigungen der EU-Kommission für die Einführung eines europäischen Handelssystems mit Ökostrom die Branche in helle Aufregung. Dies hätte erfolgreiche nationale Fördersysteme wie das EEG zerschlagen. Anfang des Jahres rückte die Brüsseler Kommission auf Druck der Verbände und der „Feed-in-Coalition“ der spanischen, deutschen und slowenischen Regierung von ihren umstrittenen Plänen ab. Der Entwurf einer Richtlinie zur Förderung der Energie aus erneuerbaren Quellen sieht nur noch einen freiwilligen Handel mit Ökostromzertifikaten vor. Im Laufe der weiteren Verabschiedung distanzierten sich nun sowohl der EU-Ministerrat als auch das Europäische Parlament noch stärker vom Konzept eines europäischen Ökostromhandels.
Gemeinsam mit Deutschland plädieren mittlerweile Großbritannien und Polen für den Vorrang nationaler Fördersysteme, um erneuerbare Energien in Europa voranzubringen. Dies ist umso erstaunlicher, als vor allem London zu den stärksten Verfechtern eines europaweiten Ökostromhandels gehörte. „Die Briten haben erkannt, dass ein einheitliches Handelssystem mit Ökostromzertifikaten nicht durchsetzbar ist und sie nun mit dieser Option besser fahren“, sagt Rainer Hinrichs-Rahlwes, Europaexperte beim Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) den Schwenk.
Den Mitgliedsländern soll nach den Vorschlägen des Dreiergespanns weiterhin freigestellt sein, wie sie erneuerbare Energien fördern, sei es durch Einspeisetarife wie in Deutschland oder durch den Zertifikatehandel wie in Großbritannien. Richtschnur dabei sind verbindliche europäische und nationale Ziele für den Ausbau der Erneuerbaren. Um diese zu erreichen, können sie auch mit anderen EU-Mitgliedsländern auf freiwilliger Basis zusammenarbeiten und beispielsweise Anteile von erneuerbaren Energien statistisch auf andere Staaten übertragen, wenn eigene Ausbauziele erreicht sind. Ende Juni nahm eine Arbeitsgruppe des Ministerrats diesen Vorschlag mit großer Mehrheit an.
Nationale Aktionspläne
In dieselbe Richtung bewegt sich das Europäische Parlament. Der jüngst vorgelegte Report des grünen Abgeordneten und Berichterstatters des Europäischen Parlaments Claude Turmes, greift wesentliche Forderungen der Branchenverbände wie der European Photovoltaic Industry Association (EPIA) auf: Auf einen verpflichtenden Grünstrom-Zertifikatehandel soll verzichtet werden. Stattdessen sollen Übertragungsbescheinigungen (Target Accounting Certificates) eingeführt werden, die Mitgliedsstaaten ausgeben können, wenn sie einen Ökostromhandel ermöglichen wollen. Die Herkunftsnachweise (Guarantee of Origin) für grünen Strom bleiben hierbei erhalten. Dieses System würde einen freiwilligen Zertifikatehandel ermöglichen, ohne bestehende nationale Fördersysteme wie das EEG wettbewerbsrechtlich zu gefährden. Zudem sollen einzelne Mitgliedsstaaten vereinbaren können, Anteile von erneuerbaren Energien zu übertragen, wenn eigene Ausbauziele erreicht sind oder sich Investitionen in dem Partnerland auf das eigene Konto anrechnen lassen. Nationale Aktionspläne (Renewable Energy Actions Plans), verbindliche Zwischenziele und Sanktionsmöglichkeiten für Brüssel sollen den Ausbau von Sonne, Wind & Co. in Europa absichern.
Verabschiedung in 2009
Mehrere Ausschüsse des Europäischen Parlaments haben die Vorschläge von Turmes bereits befürwortet, Anfang September wird der federführende Ausschuss abstimmen. Im Oktober stehen dann weitere Entscheidungen des Ministerrats und der Kommission an. Bis im kommenden Frühjahr soll die europäische Erneuerbare-Energien-Richtlinie endgültig unter Dach und Fach sein.
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