„Mit der Clearingstelle haben wir ein unbürokratisches Instrument geschaffen, um Rechtsprobleme zum EEG schnell zu lösen und Gerichtsverfahren zu vermeiden“, sagte Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) anlässlich der Eröffnung im vergangenen Herbst. Und obwohl Politiker ihre Arbeit oder die ihrer Untergebenen gerne schön reden, hat der Minister nicht übertrieben. „Vier bis fünf Anfragen sind im Schnitt täglich bei uns eingegangen“, sagt Sebastian Lovens, Leiter der Clearingstelle in Berlin. Etwa 60 Prozent davon seien Probleme aus dem Bereich der Photovoltaik gewesen.
Keine Rechtsberatung
Bearbeiten mussten die insgesamt sieben Mitarbeiter der Stelle aber nicht alle Anfragen. „Etwa die Hälfte wollte von uns eine Rechtsberatung“, erklärt Lovens. „Dafür sind wir aber nicht da. Unsere Aufgabe ist es, bei konkreten Problemen und Streitfragen von zwei oder mehreren Parteien eine Anlaufstelle zu sein, um Streitigkeiten vorzubeugen. Wir geben Empfehlungen zu abstrakten Rechtsfragen des EEG, um Streitigkeiten vorzubeugen und wir bieten Verfahren zur Einigung und Schlichtung bei Konflikten.“ Neben den Nerven werden so auch die Geldbeutel der Konfliktparteien geschont, denn durch außergerichtliche Lösungen können langwierige und teure Prozesse überflüssig gemacht werden. Die Clearingstelle selbst stellt ihren Service kostenlos zur Verfügung.
Erbitterte Streithähne treffen sich in der Berliner Charlottenstraße nur selten und so sind heftige Auseinandersetzungen die absolute Ausnahme. „Normalerweise sind Netz- und Anlagenbetreiber sehr gesprächsbereit“, sagt Clearingstellen-Mitarbeiterin Christine Lucha. „Auch eine Blockadehaltung der Netzbetreiber gibt es eigentlich nicht. Deren Problem ist in den meisten Fällen einfach nur Unwissenheit im Hinblick auf die Gesetzesauslegung.“ Obwohl der Großteil der Anfragen noch bearbeitet wird, zeichnet sich ab, dass bei den meisten Streitigkeiten eine für beide Seiten befriedigende Lösung gefunden werden kann.
Drei Lösungswege
Die Clearingstelle kann von Anlagen- und Netzbetreibern angerufen werden. „Am besten ist es aber, beide Parteien kommen gemeinsam zu uns. Das macht es einfacher, eine Lösung zu finden“, sagt Lovens. „Bisher wenden sich noch mehr Anlagen- als Netzbetreiber an uns“, ergänzt Christine Lucha. „Die Anfragen von Netzbetreibern nehmen aber zu, vor allem von kleineren Stadtwerken, die Probleme mit der Zuordnung der Anlagen haben oder unsicher bei der Auslegung gesetzlicher Vorgaben sind.“ Lucha ist übrigens ein Paradebeispiel für die Kompetenz des interdisziplinären Teams der Clearingstelle: Sie ist Juristin und studierte Energiemanagement.
Liegt ein Problem auf dem Tisch ist die erste Aufgabe der Clearingstelle zu bestimmen, welches Verfahren angewendet werden soll. Grundsätzlich gibt es drei Wege: das Einigungsverfahren, das Votumsverfahren und das Empfehlungsverfahren.
Beim Einigungsverfahren dient die Clearingstelle als neutrale Mittlerin. Dieser Weg bietet sich an, wenn Netz- und Anlagenbetreiber nicht zerstritten sind, sondern bereit sind aufeinander zuzugehen und gemeinsam eine Lösung zu finden. Beide Parteien müssen bei diesem Verfahren zur Clearingstelle nach Berlin kommen. Lovens: „Je nach Komplexität sind ein bis zwei Termine notwendig.“
Im Votumsverfahren übertragen die Konfliktparteien die Beurteilung ihres Falls der Clearingstelle und beteiligen sich nicht selbst bei der Suche nach einer Lösung. Dieses Verfahren wird angewendet, wenn eine Streitigkeit aufgrund ihrer Eigenart nicht durch einen Kompromiss behoben werden kann oder bei Konflikten, bei denen schon längere erfolglose Verhandlungen stattgefunden haben. Ein Votum der Clearingstelle ist rechtlich nicht verbindlich. Die vertragliche Umsetzung ist Sache von Netz- und Anlagenbetreiber.
Während beim Einigungs- und Votumsverfahren beide oder zumindest eine der Konfliktparteien sich an die Clearingstelle wenden müssen, ist das beim Empfehlungsverfahren nicht der Fall. Wenn zu einem bestimmten Problem gehäuft Anfragen eingehen oder es sich aus anderen Gründen anbietet, kann die Clearingstelle von sich aus beschließen, ein Empfehlungsverfahren einzuleiten. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) haben für das Verfahren Beisitzer benannt. Außerdem können registrierte öffentliche Stellen und Interessengruppen schriftlich Stellung beziehen. Das Ergebnis ist eine Handlungsempfehlung oder Entscheidungshilfe, die jedem zugänglich ist. Die Empfehlungen werden auf der Homepage der Clearingstelle veröffentlicht.
Empfehlung zu Grünflächen
Bisher wurde im Bereich der Photovoltaik ein Empfehlungsverfahren eingeleitet. Es soll einen Leitfaden bei Problemen mit PV-Anlagen auf Grünflächen im Sinne des Paragrafen 11, Absatz 4, Num mer 3 des EEG bieten. Im Beschluss vom 11. Februar lautet die Fragestellung: Unter welchen flächenbezogenen Voraussetzungen ist für den Strom aus PV-Anlagen, die sich auf zur Errichtung dieser Anlagen im Bebauungsplan ausgewiesenen Flächen befinden, die EEG-Vergütung zu zahlen? Insbesondere: Unter welchen Voraussetzungen lag eine vorherige Nutzung als Ackerland vor? Bis zum 19. März wurden Stellungnahmen entgegengenommen. Die Empfehlung soll voraussichtlich noch im Laufe des Aprils veröffentlicht werden.
Obwohl die Grünflächen bereits mit einem eingeleiteten Empfehlungsverfahren glänzen können, liegen sie in der „Hitparade“ der PV-Problemfälle mit rund 20 Prozent bisher nur auf dem dritten Platz. Platz 1 belegt mit etwa 30 Prozent die Frage, ob und wann eine fassadenintegrierte Anlage vorliegt. Rund 20 Prozent der Anfragen bei der Clearingstelle drehten sich um den Anlagenbegriff. „Hier gab es vor allem Anfragen zur Zusammenrechnung von Anlagen“, sagt Lovens, „zum Beispiel wenn sich drei Anlagen von drei Eigentümern auf einem Hallendach befinden.“ Auf den Plätzen folgt ein Mix aus Fragen, die sich mit Netzanschluss, -ausbau und -erweiterung beschäftigen.
In den kommenden Ausgaben der PHOTOVOLTAIK stellen wir einige ausgesuchte Problemfälle vor, mit denen die Clearingstelle EEG konfrontiert wurde. Beginnen werden wir voraussichtlich im Juni mit der oben genannten Empfehlung zu Photovoltaikanlagen auf Grünflächen.
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