Ein spontanes Lächeln zeigt sich im Gesicht von Gaby Künne, als sie die Metalltür zu ihrem Stromzähler im Keller öffnet. Ihre Augen fixieren ein sich drehendes silbernes Rädchen, 163 Kilowattstunden zeigt der Zähler an: „Da kann ich ja unserer Bundeskanzlerin schreiben, dass ich schon Kohlendioxid gespart habe“, freut sie sich. Seit einer Woche speist Familie Künne in der rheinhessischen Ortsgemeinde Engelstadt mit ihrer neugebauten Fünf-Kilowatt-Photovoltaikanlage auf dem Schrägdach des Einfamilienhauses Strom ins Netz ein.
Das Zählrad am Einspeisezähler muss sich weiter drehen, einen Stillstand jetzt im Frühling kann sich die Familie mit zwei Kindern aufgrund der Finanzierung der Anlage über die Bank nicht leisten. „Die Bank möchte jeden Monat ihre Tilgung haben, da bin ich froh, wenn ich bald die erste Vergütung auf dem Konto sehe“, erklärt Gaby Künne.
Damit das so bleibt, möchte sie sich gegen Schäden an der Anlage absichern. Sie nimmt den schon seit Wochen auf dem Esszimmertisch liegenden Antrag für eine Photovoltaikversicherung in die Hand und blättert: „Ertragsausfall, das ist für mich der wichtigste Punkt. Und natürlich der Preis. Warum mehr bezahlen für denselben Schutz?“ Doch findet der private Anlagenbetreiber mit der günstigsten Versicherungsprämie auch tatsächlich einen guten Versicherungsschutz?
Boom der Billig-Policen
Gaby Künne kann für den Schutz ihrer PV-Anlage gegen Sachschäden und Ertragsausfälle aus dem Angebot von über 25 Versicherungen auswählen. Denn parallel zum Boom auf deutschen Dächern – nach Angaben des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar) gingen 2007 mit 130.000 neu montierten Solastromanlagen in Deutschland so viele wie nie zuvor ans Netz – wächst ebenfalls die Zahl der Versicherer, die sich im Markt der Photovoltaikanlagenbetreiber tummeln. Immer mehr Sachversicherer bieten einen speziellen Versicherungsschutz in Form von Elektronik-, Ertragsausfall-, Montage- und Haftpflichtversicherungen an. Teilweise zu solch günstigen Mindestprämien, dass Experten im Bereich der erneuerbaren Energien wie Versicherungsmakler Heinz Liesenberg schon „von verrückten Dumpingangeboten zum Gewinn von Marktanteilen um jeden Preis“ sprechen.
Tatsächlich ist die Spannbreite der angebotenen Versicherungsprämien der Solaranlagenversicherungen dabei so breit wie die Vielfalt der über Klauseln versicherten Leistungen und ausgeschlossenen Schäden. Auf den Kunden wartet ein buntes Potpourri von möglichen Rabatten, Zuschlägen, Selbstbehalten und Ausschlüssen im Schadensfall, bei denen zunehmend Kriterien wie der Installationsort, Wartungsverträge und technische Sicherheitsvorrichtungen wie Blitz- und Diebstahlschutz eine Rolle spielen.
„Die Varianten sind quasi unendlich“, erläutert der erfahrene technische Versicherungsmakler Andreas Lietz, Firmenkundenbetreuer beim Makler Burmester, Duncker & Joly, das Problem mit der Vergleichbarkeit der angebotenen Versicherungen. Ein Dickicht, durch das sich der private Anlagenbetreiber ohne Beratung nur schwer kämpfen kann. Die Verbraucherschutzzentralen in Deutschland bieten mit ihren kostenlosen Energieberatungen zwar neutrale und kompetente Hilfe zum Thema Einsatz erneuerbarer Energien an, die Beratung zu Spezialversicherungen für Solaranlagen wird dabei bisher allerdings ausgeklammert. Ähnliches ist von Seiten der Versichertenorganisation Bund der Versicherten in Berlin zu hören. Spezielle Verbraucherinformationen zur Versicherung von Photovoltaikanlagen sind Mangelware.
Trotzdem raten Experten wie Michael Wortberg von der Verbraucherschutzzentrale Rheinland-Pfalz, „den Versicherungsschutz nicht außer Acht zu lassen und seinen Versicherer zu kontaktieren oder einen unabhängigen Versicherungsmakler aufzusuchen“. Denn der Versi cherungsschutz aus der Privathaftpflichtpolice und Wohngebäudeversicherung reicht nicht in jedem Fall aus.
Solarfachbetriebe oft gebunden
Bei der Beratung zum Thema Versicherungsschutz vertraut Gaby Künne ganz auf den Rat ihres Solarteurs Maik Borchert. Borchert, ein guter Bekannter der Familie, agiert wie ein unabhängiger Makler, da er bei seinem Arbeitgeber, der mittelständischen RWS GmbH in Wiesbaden, nicht per Rahmenvertrag an ein bestimmtes Versicherungsprodukt gebunden ist, wie bei einigen Solarfachbetrieben in Deutschland üblich. „Manche Modulhersteller und Installateure verkaufen gleich einen Versicherungsschutz für zwei Jahre mit. Davon halten wir nichts, der Kunde kann dann später nicht wechseln, da viele Versicherer keine gebrauchten Anlagen neu aufnehmen“, kritisiert Borchert diesen für ihn sinnlosen Service. Lieblingspartner der Branche ist dabei meist die Mannheimer Versicherung, einer der ersten Versicherer, die vor zehn Jahren ein spezielles Solarversicherungsprodukt auf den Markt gebracht haben.
An einen separaten Versicherungsschutz für die Solaranlage hatte Gaby Künne zunächst gar nicht gedacht, sie ging davon aus, der Einschluss in die Wohngebäude-Police sei ausreichend. Und tatsächlich bieten viele Wohngebäudeversicherer inzwischen an, eine Photovoltaikanlage auf dem Dach oder an der Fassade bis zu einer gewissen Größe gegen Prämienaufschlag mitzuversichern. Die Hauptursache für Schäden an Photovoltaikanlagen laut Schadensstatistiken – der Überspannungsschaden infolge eines Blitzschlags – ist in manchen Policen jedenfalls mitversichert. „Für kleinere Anlagen bis drei Kilowatt kann ein Einschluss in die Wohngebäudeversicherung durchaus genügen“, räumt auch Photovoltaik-Versicherungsmakler Liesenberg ein.
Allerdings ist in der Wohngebäudeversicherung die Solaranlage im Großen und Ganzen nur gegen Schäden durch Brand, Blitzschlag, Sturm, Hagel und Leitungswasser versichert. Liesenberg weist darauf hin, dass bei Gebäudeversicherern zum Beispiel ein Versicherungsschutz für Sturm erst ab Windstärke acht beginne. Fällt dann bei einem „lauen Lüftchen die Anlage vom Dach, ist sie nicht versichert“. Auch die sich häufenden Schäden durch Marder, die nicht nur gerne am Auto Kabel und Schläuche durchkauen, sondern auch Gefallen an den elektrischen Verbindungen der Solaranlage unterm Dach finden, sind in der Gebäude-Police nicht mit eingeschlossen. Ein weiterer Nachteil ist die fehlende Absicherung gegen Ertragsausfälle und gegen häufig auftretende Gefahren wie Schäden durch Schneedruck an den Modulen, mutwillige Beschädigungen und Diebstahl. Gerade der Moduldiebstahl habe aber laut Bericht der Projektgruppe Erneuerbare Energien des Gesamtverbands der Versicherungswirtschaft (GDV) „aufgrund des in 2004 entstandenen Lieferengpasses bei PV-Modulen dramatisch zugenommen“.
Außerdem bleibt die Frage, ob diese Variante im Einzelfall günstiger kommt als der Abschluss einer separaten Allgefahrendeckung. Zum Beispiel kostet der Einschluss einer Photovoltaikanlage bei der Ammerländer Versicherung – eine von der Zeitschrift „Finanztest“ in der November-Ausgabe 2007 als „sehr empfehlenswert“ eingestufte Wohngebäude-Versicherung – satte 60 Prozent mehr. Nach unseren Berechnungen ergibt sich eine Differenz von über 100 Euro, die deutlich über den Mindestprämien für kleine PV-Anlagen bei einem günstigen Spezialversicherer liegt. Also, alles in allem ein guter, aber meist recht teurer Basisschutz.
„Auf jeden Fall sollte jeder Besitzer einer neuen Photovoltaikanlage seine Wohngebäude-Versicherung schriftlich über den Neubau informieren“, rät Michael Wortberg von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, „denn sie wird bei Schadensfällen als Gefahrenerhöhung betrachtet, die der Versicherung gemeldet werden muss“. Innerhalb eines Monats kann der Wohngebäude-Versicherer dann die Prämie erhöhen – oder sogar den Vertrag kündigen. Äußert sich der Versicherer zu der Solaranlage innerhalb dieser Frist nicht, erlischt sein Prämienanpassungs- und Kündigungsrecht. Hat der Photovoltaikanlagen-Besitzer seiner Gebäudeversicherung die Anlage nicht gemeldet, kann der Versicherer die Auszahlung der Entschädigung für die Gebäudeschäden kürzen oder verweigern, „sofern der Schaden am Gebäude mit dem Betrieb der Solaranlage ursächlich zusammenhängt“, erläutert Heinz Liesenberg. Der Versicherungsmakler erinnert sich noch gut an einen Fall, wo „eine PV-Anlage auf dem Dach des Anlagenbetreibers ein Feuer verursachte und der Gebäudeversicherer die Haftung deshalb abgelehnt hatte“.
Bargeld bei Stillstand der Anlage
Gaby Künne hat sich nach dem Gespräch mit ihrem Installateur für eine separate Photovoltaik-Versicherung bei einem günstigen Anbieter entschieden. Für die Ermittlung der Prämie, die sie zahlen muss, gibt es zwei Varianten: die Kalkulation nach der sogenannten „Nettoinvestitionssumme plus Montagekosten“ oder nach der Stromerzeugungsleistung der Anlage in Kilowatt, wobei bei kleinen Anlagen bis zehn Kilowatt oft Mindestprämien greifen. So kostet der Schutz einer kleinen Solaranlage in einer Größe von drei Kilowatt mit einem Installati-onspreis von 16.000 Euro zwischen 35 und 250 Euro Nettoprämie. Für eine Anlage im Wert von 100.000 Euro muss man mit einer Prämie zwischen 125 Euro und rund 540 Euro im Jahr rechnen. Es ist aber falsch, davon auszugehen, dass diese Prämien einfach miteinander vergleichbar sind. Der Deckungsumfang variiert erheblich durch Rabatte für höhere Selbstbehalte, Schutzvorrichtungen wie Blitz- und Überspannungsschutz oder Zuschläge für Eigenmontage oder der Nutzung des Gebäudes. Hinzu kommt, dass die Entschädigung der zusätzlich versicherten Nebenkosten von Vertrag zu Vertag stark abweicht, zum Beispiel die, die für die Entsorgung von Erdreich oder den Auf- und Abbau der Anlage bei Schäden am Gebäudedach gewährt werden. Wie viel Euro der Anlagenbetreiber bei einem Ausfall der Module erhält, ist ebenfalls sehr unterschiedlich geregelt (siehe Tabelle am Ende des Artikels).
Die Regelung, dass ein Ertragsausfall nach einem Schaden an der Anlage versichert ist, macht die Spezialversicherung aber wie im Fall der Familie Künne für viele erst richtig attraktiv. In den meisten Policen wird der Ertragsausfall als wich tige Zusatzleistung auch gleich direkt mit eingeschlossen. Von den befragten Versicherern bieten nur die Condor, Gothaer, diehanauer24, VHV und die Versicherungskammer Bayern die Möglichkeit an, den Ertragsausfall auszuschließen. Dies ist aber höchstens für jene Sonnenenergie-Fans interessant, die nicht auf jeden Cent aus der Einspeisevergütung angewiesen sind, da der dafür gewährte Prämiennachlass in keinem Verhältnis steht zum finanziellen Verlust bei einem Stillstand der Anlage.
Wie viel Bargeldersatz es gibt, hängt in den meisten Verträgen von der Jahreszeit ab. Für die sonnigen Monate von April bis September zahlen die Versicherer in der Regel zwei Euro, in dem finsteren Zeitraum von Oktober bis März gibt es einen Euro pro Tag für jedes ausgefallene Kilowatt an Leistung. Ostangler, R+V und die Condor Plusdeckung bieten eine interessante pauschale Lösung von 2,50 Euro pro Kilowatt und Tag ohne eine jahreszeitliche Einschränkung an. Fast immer gibt es einen zeitlichen Selbstbehalt von zwei Tagen. Das bedeutet, dass erst ab dem dritten Ausfalltag bezahlt wird. Pauschal oder nach Jahreszeit, das ist Gaby Künne egal, Hauptsache, sie bekommt überhaupt Geld für ihre Finanzierung, solange die Anlage nicht einspeist. Die Praxis sieht trotzdem leider oft anders aus: „Den Nutzungsausfall gibt es nur für eine vereinbarte Haftzeit, meist von drei Monaten, und die kann bei der aktuellen Modulknappheit schon eng werden“, schränkt Borchert ein.
Die so genannte Haftzeit, also die Dauer, für die maximal Ertragsausfall erstattet wird, kann bei einigen Anbietern gegen Aufschlag auf 180 oder 360 Tage erweitert werden. Manche Versicherer (zum Beispiel die Öffentliche Versicherung Braunschweig, Mannheimer, Condor und Victoria) verlängern die Haftzeit bei Schäden durch bestimmte Gefahren automatisch. Die LVM bietet mit einer generellen Haftzeit von einem Jahr die verbraucherfreundlichste Lösung in unserem Vergleich an. Die Basler Securitas, Generali und Signal Iduna ersetzen den Ertragsausfall standardmäßig für immerhin ein halbes Jahr.
Schutz für Gefahren von außen
Trotz der fehlenden Erfahrung mit diesen Besonderheiten einer Spezialversicherung zweifelt Gaby Künne nicht an einem Versicherungsabschluss: „Da ist einfach mehr drin, obwohl ich immer noch nicht verstehe, welche Schäden am Wechselrichter wie versichert sind und ob ich bei Überspannungsschäden einen extra Selbstbehalt zahlen muss oder nicht“, und zeigt damit die typische Verwirrung beim Verbraucher. Denn mit der Photovoltaik-Versicherung macht erstmals eine technische Versicherungsvariante in Privathaushalten Karriere, die früher nur von fachkundigen Gewerbetreibenden abgeschlossen wurde. Mit der Folge, dass schwer verständliche Formulierungen über technische Versicherungskriterien den Angebotsvergleich erschweren.
Die Unsicherheit bei Gaby Künne darüber, was wie versichert ist, ist also ein hausgemachtes Problem der Branche. Die Schadenserfahrung der letzten Jahre führe dazu, dass mit immer mehr mit „Ausschlusskatalogen und erhöhten Selbstbehalten gearbeitet wird“, erklärt Liesenberg, „die oft nicht im Angebotsschreiben offengelegt sind, sondern mühsam in den Bedingungen und Klauseln gesucht werden müssen“. Solarteur Maik Borchert versucht, Gaby Künne den Versicherungsschutz an einem Beispiel zu erklären: „Wenn der Schaden von außen kommt, ist der Wechselrichter gegen alle Gefahren versichert. Also wenn zum Beispiel irgendwo der Blitz einschlägt und das Gerät durch Kurzschluss einen Schaden nimmt.“ Gleich darauf schränkt er wieder ein: „Abnutzung und Verschleiß an den Teilen sind aber nicht versichert.“
Die Photovoltaik-Versicherung wird von der Branche gerne als eine „Allgefahrendeckung“ bezeichnet. Das macht sie so anders im Vergleich zu anderen im Privatgeschäft üblichen Sachversicherungen wie der Hausrat- oder Wohngebäudeversicherung. Versichert sind fast alle Teile der Photovoltaikanlage, inklusive des Wechselrichters, Einspeisezählers, der Verkabelung und der Haltevorrichtungen für die Module. Außen vor bleiben nur alle Teile, die erfahrungsgemäß mehrfach ausgetauscht werden müssen, wie zum Beispiel Sicherungen oder Batterien. Die meisten Anbieter wenden für diese Allgefahrendeckung die Bedingungen der Elektronikversicherung an, plus spezifische „Besondere Vereinbarungen und Klauseln“. Die Provinzial legt als einzige Versicherung in unserer Befragung die Bedingungen der Maschinenversicherung zugrunde. Einzelne Gesellschaften wie die Mannheimer, Alte Leipziger, Basler Securitas und Victoria haben eigene Bedingungen aus der Elektronikversicherung entwickelt. Die maßgeblichen Unterschiede liegen aber eher im hinteren Teil des Vertrages in den „Besonderen Vereinbarungen und Klau seln“ des Vertrags.
Ein Blick in den Text der Elektronikversicherung (ABE) zeigt, dass „für unvorhergesehen eintretende Beschädigungen oder Zerstörungen von versicherten Sachen (Sachschaden) und bei dem Abhandenkommen versicherter Sachen durch Diebstahl, Einbruchdiebstahl, Raub oder Plünderung“ eine Entschädigung geleistet wird. Was diese Aussage zur Allgefahrendeckung macht, ist der „Begriff Abhandenkommen, der Oberbegriff für alles, was irgendwie wegkommt“, erklärt der spezialisierte Makler Liesenberg. Wichtig für die Ersatzpflicht des Versicherers ist ebenfalls, dass die Schäden unvorhergesehen eintreten. Der PV-Anlagen-Betreiber darf von einer Störung an der Anlage nicht vorher gewusst und den Schaden verschleppt haben, da er so grob fahrlässig handeln würde und der Versicherer die Entschädigung dann kürzen darf.
Neuwertersatz gibt es nicht immer
In den Versicherungsbedingungen findet sich nur eine beispielhafte Aufzählung der versicherten Gefahren und Schäden, dafür aber eine abschließende Auflistung06 / 2008 | www.photovoltaik.eu der nicht versicherten Gefahren und Schäden (siehe Kasten). Manche Versicherer bieten gegen Prämiennachlass an, die Naturgefahren der Wohngebäude-Police wie Feuer, Sturm, Blitzschlag oder Leitungswasser auszuschließen. Eine günstige Lösung auf den ersten Blick, wenn der Betreiber bei seiner Gebäudeversicherung die Anlage eingeschlossen hat. Das Problem: Der Ersatz des Ertragsausfalls der stromerzeugenden Anlage ist bei einer ausgeschlossenen Gefahr nicht mehr versichert, da diese nur infolge eines versicherten Sachschadens bezahlt wird.
Ersetzt werden die Kosten, um die Solaranlage wieder in den ursprünglichen Zustand zu bringen, das heißt, die Wiederbeschaffung oder Reparatur der beschädigten Teile, inklusive der Kosten für Handwerker und sonstige Dienstleister. Wobei fast alle Versicherer einen Abzug „Alt für Neu“, also für noch vorhandene Altmaterialien vornehmen und eventuell Wertverbesserungen subtrahieren. Ein genauer Blick in die „Besonderen Vereinbarungen“ ist wichtig, denn manche Versicherer ersetzen ab einem gewissen Alter der Anlage oder bestimmter Teile nur noch den Zeitwert, also den Wert zum Zeitpunkt des Schadens. Diese so genannte „Neuwert“-Versicherung hat aber allgemein ihre Grenzen. Zum Beispiel bekommt der PV-Anlagenbesitzer, der infolge eines Schadens die Lust verloren hat, eine Solaranlage zu betreiben, nur einen Zeitwertersatz. Einige Makler wie Manfred Körber kritisieren daher die Entschädigung als eine „beschränkte Neuwertregelung, die in einer Zeitwertentschädigung mündet, da nicht immer in gleichwertige Technik reinvestiert werden kann“. Tatsächlich findet sich in den ABE die Einschränkung, dass nur der Zeitwert bezahlt wird, wenn „serienmäßig hergestellte Ersatzteile nicht mehr zu beziehen sind“. Körber fügt an, dass dies bei der „Knappheit der Module und dem sprunghaften technologischen Fortschritt in der Solarwirtschaft“ bei älteren Anlagen problematisch wird. Er empfiehlt seinen Kunden daher den „Einschluss einer Klausel, die den Technologiefortschritt mitversichert“. Diesen Extra-Einschluss bietet momentan nur die Condor Versicherung in begrenztem Rahmen in der Basis- und Plusdeckung an.
Wichtig in der Spezialversicherung sind ebenfalls die Höchstbeträge für Nebenkosten, die bei einem Schaden an der Anlage oft entstehen. Löscht der Anlagenbesitzer zum Beispiel einen Brand mit einem Feuerlöscher, sind die Kosten für das Wiederauffüllen der Feuerlöschmittel auf „Erstes Risiko“ mitversichert. Auf „Erstes Risiko“ bedeutet bis zu einem bestimmten Festbetrag ohne Anrechnung auf die Versicherungssumme.
Manche Policen ersetzen auch die Kosten für Dacharbeiten nach einem Schaden an der Solaranlage: „Eine wichtige Lösung, falls die Anlage nicht in die Gebäudedeckung integriert oder der Schaden zum Beispiel an der Dachhaut durch Schneedruck, einer in der Gebäudepolice nicht versicherten Gefahr, verursacht wird“, erläutert Manfred Schäfer vom GDV. Eine gute Zusatzleistung, die von AXA, dbv winterthur, Badischer Versicherung, Ostangler, R+V, VHV und Condor eingeschlossen wird.
In der Plusdeckung bietet die Condor Versicherung sogar bis zu 5.000 Euro Ersatz für die Kosten des Ab- und Aufbaus einer unbeschädigten Solaranlage, wenn ein Schaden am Gebäude entstanden ist. Eine ähnliche Deckung bis zu höchstens 2.500 Euro bietet die Mannheimer bei Brand, Blitzschlag und Explosionsschäden am Gebäude an. Schäden, die die Anlage an anderen Gegenständen des Besitzers oder von Dritten verursacht, werden nicht durch die Photovoltaikversicherung abgedeckt. Fällt ein Modul vom Dach und beschädigt zum Beispiel ein davor geparktes Auto, wird der Schaden am Fahrzeug nicht ersetzt. Dies ist ein Fall für eine Haftpflichtversicherung, wobei meist der Schutz der Privat-Haftpflicht-Police nicht ausreicht (siehe Kasten).
Pfusch am Bau oder ein Mangel?
Ein wichtiger Einschlussbereich – die Versicherung von Konstruktions-, Material- oder Ausführungsfehlern – bereitet Versicherungen immer mehr Kopfzerbrechen und beschert den Sachverständigen reichlich Arbeit.
So auch im Fall von Klaus Meier, Landwirt aus einer Gemeinde in der Oberpfalz und stolzer Besitzer von drei PV-Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 120 Kilowatt auf Hausdach, Carport und als sonnenstandsgeführten Tracker. Am ersten März wirbelte das Orkantief „Emma“ mit Böen bis zu einer Geschwindigkeit von 150 Stundenkilometern durch den bayrischen Landkreis. Mit schweren Folgen für den Landwirt: Der Sturm riss zehn Module der Photovoltaikanlage vom Hausdach und schleuderte den am Haus verankerten Tracker auf das Carportdach der Familie. Weitere dort installierte Module und das geparkte Auto erlitten einen Schaden. „Es ist scheinbar eine Schweißnaht am Tracker aufgegangen, und da ist das ganze Sonnensegel mit einer Fläche von 42 Quadratmetern fliegen gegangen“, beschreibt Klaus Meier die auch für Dritte gefährliche Situation. „Eigentlich habe ich mir vor Emma keine Gedanken gemacht, denn der Orkan Kyrill Anfang 2007 hat ja zwei Tage getobt, und der Tracker hat damals alles anstandslos überstanden.“ Den Schaden beziffert Meier auf mindestens 100.000 Euro für Gebäude, Auto und Photovoltaik. Die Schäden am Gebäude sind inzwischen beglichen, nur bei der Photovoltaik-Versicherung dauert es länger: „Eine Teilzahlung habe ich bekommen, damit ist der Schaden für die Module auf dem Dach bezahlt, was den Tracker betrifft, überlegt der Versicherer, zunächst den Hersteller in Regress zu nehmen“, erläutert Meier. Ob er Ersatz für den bereits bestellten neuen Tracker bekommt, ist noch offen, genau wie der Ersatz des Ertragsausfalls für die nachgeführte Anlage. „Es war zunächst nur ein Versicherungsgutachter da und hat die Schweißnaht fotografiert“, beschreibt Meier seine Irritation über den Ablauf.
Der freie Sachverständige Christian Keilholz, seit acht Jahren unabhängiger Gerichtsgutachter, sieht „Befestigungsmängel immer noch als Verursacher Nummer eins“ bei Mängeln an PV-Anlagen. Der Sachverständige kennt aber auch Fälle, bei denen „zunächst die Leistung verweigert und der Vertrag sogar gekündigt wurde“. Auch der unabhängige Gutachter Christian Bendel – einer der wenigen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für photovoltaische Anlagentechnik – bestätigt, dass „die Montagequalität bei Schäden eine ganz große Rolle spielt“. Genaue Schadensstatistiken seitens des GDV gibt es nicht, da die Versicherer ihre Zahlen nicht an den Verband weitergeben. Nur die Mannheimer Versicherung veröffentlicht Statistiken in ihren Prospekten. Diese weisen allerdings die Schadensursache „Konstruktionsfehler“ nicht gesondert aus (siehe Grafik). Beim Orkansturm Kyrill im Januar 2007 ergab eine Analyse der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) bei nur zwei Versicherungsanbietern Schäden an Photovoltaikanlagen von über 1,5 Millionen Euro und dass sich insgesamt der Schwerpunkt der Schäden auf aufgeständerte Anlagen auf Flachdächern und auf sonnenstandsnach geführte Anlagen konzentrierte. Die Versicherer seien bei den meisten Anlagen auf „eklatante Ausführungsmängel gestoßen“ und kündigten an, „in 40 Prozent der vorgefundenen Fälle eine Regulierung des Schadens wegen der offensichtlichen Verstöße gegen die gute fachliche Praxis“ zu verweigern.
Heinz Liesenberg sieht die Versicherer aber in der Ersatzpflicht nach den Versicherungsbedingungen; da bei Sturm der Schaden von außen komme, „spielt es keine Rolle, ob an der Anlage ein konstruktiver Mangel vorlag“. In den Bedingungen stehe, „dass der Versicherer spätestens dann zahlt, wenn der Installateur seine Eintrittspflicht bestreitet“, erläutert Liesenberg, „und sich dann die Kosten per Regress vom Installateur holt“. Außerdem profitiere der Versicherte in der Photovoltaik-Versicherung von einer umgekehrten Beweislast, der Versicherer müsse nachweisen, dass er nicht ersatzpflichtig ist (siehe auch Kasten zur Bauteileregelung).
Ab jetzt günstige Versicherungen nur mit BSW-Anlagenpass
Schuld an dieser negativen Tendenz sind für Makler wie Heinz Liesenberg oder Rainer Lenz vom IDV Maklerbüro die Versicherer selbst mit ihren Dumpingangeboten. „Es ist ähnlich wie auf dem Kfz-Versicherungsmarkt, erst werden zum Gewinn der Kunden die Prämien gedrückt und dann später auf Kosten aller brutal saniert mit Beitragserhöhungen und Kündigungen“, erklärt Rainer Lenz, seit acht Jahren Deckungsmakler im Bereich Sonnenenergie. Makler Liesenberg ist nach über zehn Jahren Geschäftserfahrung der Ansicht, dass die „Prämien eigentlich doppelt so hoch sein müssten“, und übt Kritik daran, „dass über Ausschlusskataloge die Qualität des Versicherungsschutzes eingeschränkt wird“. Die Versicherer versuchen die Schäden mit immer mehr Ansprüchen an technische Standards und Ausschlüsse in den Griff zu bekommen. So gibt es Zuschläge bei fehlender Blitzschutzanlage, fehlenden Wartungsverträgen oder einfach einen Ausschluss des Versicherungsschutzes für Feuer bei Betrieben der Landwirtschaft und Holzverarbeitung.
Grundsätzlich ist eine separate Versicherung der Photovoltaikanlage mit Ertragsausfalldeckung empfehlenswert, da sind sich die Branchenexperten einig. Viele Kreditinstitute verlangen bei einer Finanzierung der Anlage sogar inzwischen zwingend eine gesonderte Versicherung der Solarmodule. Das Problem bleibt die Beratung. Weder Verbraucherschutzzentralen noch die beiden Verbände – Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS e. V.) und der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) – bieten zu dem Thema Versicherung Beratungsbroschüren an. „Das Thema Versicherung stand bisher nicht im Fokus und wird eher ein bisschen klein gehalten“, räumt Berater Friedrich Moch vom Verbrauchertelefon des BSW-Solar ein. Trotzdem hat sich der Verband mit zwei Branchenvertre-tern, dem Versicherungsmakler Liesenberg und der Mannheimer Versicherung, daran gemacht, für Verbraucher einen Anlagenpass mit technischen Mindestanforderungen für den Bau von Photovoltaikanlagen zu entwickeln. Die andere Branchenvertretung DGS fordert seit Jahren die flächendeckende Umsetzung des RAL-SOLAR-Gütezeichens, ein umfassendes Prüfwerk für Modulhersteller und Installateure mit technischen Standards. Pünktlich zur Messe Intersolar im Juni will die Mannheimer Versicherung ihr neues Versicherungskonzept vorstellen: Nur wer seine Anlage mit BSW-Anlagenpass oder RAL-SOLAR-Gütesiegel bauen lässt, bekommt „den ersten qualitätsorientierten Versicherungstarif auf dem deutschen Versicherungsmarkt“. Konkret bedeutet das: die günstige Prämie mit 30 Prozent Rabatt gibt es nur bei eingebautem Blitz-Überspannungsschutz, einem Funktionsüberwachungssystem und laufendem Wartungsvertrag. Wenn andere Versicherer nachziehen, ist dies vielleicht der erste Schritt zu einer Standardisierung der Versicherungskonditionen im Bereich Photovoltaik. Für den Kleinanlagen-Betreiber und Installateur könnte der Anlagenpass für mehr Übersicht und Transparenz sorgen, aber auch für deutlich mehr Aufwand bei Installation und Betrieb der Anlage.
Auf Gaby Künnes Esstisch liegt kein Versicherungsantrag, bei dem diese technischen Details eine Rolle spielen. Ihr Installateur Maik Borchert empfiehlt nur Versicherungen, die keine Blitzschutzanlage oder einen Wartungsvertrag zwingend vorschreiben. „Die Anlagen sind so gebaut, dass sie wartungsfrei sind. Eine Wartung zu verkaufen mit der Prämisse, dass die Versicherung das vorschreibt, ist Betrug am Kunden“, sagt er. Ein äußerer Blitzschutz mit Blitzableiter auf dem Dach sei nicht immer sinnvoll und vor allem teuer. „Den inneren Blitzschutz gegen Überspannungsschäden am Wechselrichter bauen wir aber in der Regel immer ein.“ Ein wichtiger Schutz, da Überspannungsschäden infolge Blitzeinschlags auf dem ersten Platz der Schadensursachenstatistik stehen. Leider finden sich in dem bisherigen Entwurf zum Anlagenpass (www.Photovoltaikanlagenpass.de) keine Angaben, wie die PV-Anlage in den äußeren Blitzschutz korrekt integriert werden soll. So kann der technisch unbedarfte Anlagenbauer seinem Installateur im Zweifel auch keine konkreten Fragen dazu stellen.
Christian Keilholz kommt zu dem Fazit, dass der Anlagenpass an den vielen Schäden durch falsche Montage nichts ändern wird: „Die schlecht qualifizierten Installateure werden ihre Häkchen setzen und unterschreiben. Die qualifizierten Betriebe halten sich sowieso an die Regeln. Die Pflicht, eine mängelfreie Anlage zu übergeben, existiert mit und ohne Anlagenpass.“ Diverse Häkchen setzen und unterschreiben, das macht jetzt auch Gaby Künne unter dem Versicherungsantrag für ihre Photovoltaikanlage, in der Hoffnung, nach der Beratung durch ihren Installateur die richtige Versicherungspolice ausgewählt zu haben.
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