pv magazine: An was arbeiten Sie, das für Elektromobilität und Heimspeicher relevant ist?
Werner Tillmetz: Das ZSW arbeitet an sehr vielen Themen, die für beide Anwendungen relevant sind und aus denen auch viele Synergien resultieren. Dazu gehören eine Vielzahl von Sicherheits- und Lebensdauertests an Zellen und Modulen. Aus den Ergebnissen dieser Tests lassen sich viele Forschungsfragen ableiten. Das sind beispielsweise fortschrittliche Materialien, die einerseits eine hohe Zyklenfestigkeit und gleichzeitig eine gute kalendarische Lebensdauer ermöglichen. Durch ein optimiertes Zelldesign oder ein fortschrittliches Batterie-Managementsystem, zum Beispiel mit einer zuverlässigen Bestimmung des SoH („Gesundheitszustand“, die Red.), lässt sich ebenfalls die Lebensdauer erhöhen. Auch sicherheitskritische Betriebszustände lassen sich durch die vorgenannten Themen vermeiden.
Das bezieht sich im wesentlichen auf die Zell- und Batterieproduktion, da diese für beide Bereiche relevant ist. Was ist dort noch nötig an Entwicklungs- und Aufbauarbeit?
Durch die sehr breite Aufstellung des ZSW – von der Materialforschung über Sicherheitstests bis zu Post-Mortem Analysen – können wir da schon heute sehr viel abdecken. Auch zur Produktionsforschung generieren wir mit unserer Politlinie zur Zellfertigung fast täglich neues Know-How. Was uns in Deutschland fehlt ist eine kommerzielle Zellfertigung und die damit zusammenhängende Kompetenz der Industrialisierung über die gesamte Wertschöpfungskette.
Es gibt keine Zellproduktion von Belang in Deutschland oder Europa. Warum halten Sie eine solche für wichtig und was ist Ihre Prognose?
In der Roadmap zur Zellfertigung (der Plattform Elektromobilität, die Red.) wurde vereinbart, dass dieses Jahr die Entscheidung zu einer Zellfertigung in Deutschland fallen muss, um den Markthochlauf ab 2020 mitzunehmen. Ich gehen davon aus, dass da etwas passiert und sehe auch erste Anzeichen dafür – in der Zulieferindustrie. Die Bundesregierung unterstützt das Thema vorbildlich und so gut sie kann. Wenn Deutschland wieder einmal die Kurve nicht hinkriegt, wie schon zuvor bei Computern, Kameras, Photovoltaik und anderen Technologien), dann haben wir ein volkswirtschaftliches Problem. Die Autoindustrie ist systemrelevant und es würden erhebliche Anteile der heutigen Wertschöpfung mittelfristig wegbrechen.
Vermutlich um die 30 Prozent. Laut Daimler gibt es einen großen Wettbewerb bei der Batteriezellenproduktion. Es mache von daher keinen Sinn, sie selbst zu fertigen. Andere sagen, Automobilkonzerne könnten das gar nicht.
Die Autoindustrie kann diese Kompetenz sicherlich erlangen, wie das Beispiel Toyota/Panasonic mit den Batterien für inzwischen 9 Millionen Hybridfahrzeuge gezeigt hat. Generell sollte man sich aber den sich abzeichnenden Strukturwandel für die komplette Automobilindustrie inklusive aller Zulieferer im Auge behalten. Wenn Motor und Getriebe wegfallen und das Batteriesystem wie beim Chevy Bolt von LG kommt, dann bleibt nicht mehr so viel Wertschöpfung übrig.
Daimler wirft eine Batterie auf den Markt, BMW macht ein Joint Venture mit Viessmann und engagiert sich so in der Haustechnik. Warum ist dieser Markt, der klein gegenüber dem Automarkt ist, wirklich relevant?
Kurzfristig lassen sich damit sicher die Stückzahlen erhöhen und auch die Marktchancen verbreitern. Ob die Autoindustrie den Kompetenzaufbau zur Kopplung der Batterie ans Stromnetz (vehicle to grid) besser und schneller schafft als die etablierten Hersteller muss sich noch zeigen. Letzteres macht einen großen Teil der Kosten und Qualität eines stationären Speichers aus.
Wie werden sich die Batteriezellen kurzfristig weiter entwickeln?
Wenn die Qualität der Zellen (Produktion) stimmt und die Betriebsstrategie gut ist, dann gibt es heute schon kaum mehr Probleme mit der Lebensdauer. Die Kosten sinken kontinuierlich mit den weiter steigenden Stückzahlen. Auch hier hat die klassische Erfahrungskurve ihre Gültigkeit für die Kostenreduktion.
Viele Experten sagen, ab zehn bis 15 Jahren werde es wegen der kalendarischen Alterung kritisch.
Auch die Autos sollten 15 Jahre halten. Die Vorhersage ist schwierig und auch unterschiedlich für die Zelldesigns. Die angeführten Befürchtungen beziehen sich primär auf das pouch cell design. Die Zeit wird uns die Wahrheit bringen. Ich habe noch ein fast 20 Jahre altes Handy und die Batterie funktioniert noch prima.
Sehen Sie mittelfristig so genannte Post-Lithium Batteriezellen?
Mittelfristig keine.
Die schriftlichen Fragen stelle Michael Fuhs
Ein Schwerpunkt derpv magazine Printausgabe Juni 2016 ist die E-volution, wie die Autobilkonzerne den Batteriespeichermarkt beeinflussen werden. Dort lesen Sie imInterview Harald Kröger, Entwicklungsleiter Elektrik von Daimler, zu seinen Plänen.
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