Die EU-Kommission hat am Mittwoch ein öffentliches Beteiligungsverfahren eingeleitet, in dem es um eine mögliche Anerkennung des Marktwirtschaftsstatus (MES) für China geht. Nach Ansicht von Industrievertretern geht es China aber eher darum, die Änderung des europäischen Anti-Dumpingrechts mittels eines 15 Jahre alten WTO-Vertrags durchzusetzen. Die Vereinigung AEGIS, in der 30 europäische Industrieverbände zusammengeschlossen sind, rief daher für Mittwoch zu einer Demonstration in Brüssel unter dem Motto "Stop China Dumping, Stop China MES" am kommenden Montag auf. Tausende Teilnehmer würden erwartet.
Heute sind es Stahl, Aluminium und Solar, morgen trifft Preisdumping Chemie, Maschinenbau und Automobilindustrie, wenn die Politik nicht entschieden gegen Chinas Expansionspolitik vorgeht", erklärte Milan Nitzschke, Sprecher von AEGIS Europa und auch Präsident von EU Prosun, das das Anti-Dumpingverfahren gegen die chinesischen Photovoltaik-Hersteller in Europa in die Wege geleitet hat. Bereits in den vergangenen Jahren hätten chinesische Dumpingimporte hunderttausende Arbeitsplätze etwa in der europäischen Stahl-, Keramik und Solarbranche gekostet. Erst vor wenigen Tagen rief die Stahlbranche die EU-Kommission um Schutz vor der chinesischen Konkurrenz an. Sie fordert Zölle für die chinesischen Importe, die derzeit den europäischen Markt überschwemmten.
AEGIS wirft China ein immer wiederkehrendes Muster vor, mit dem man der europäischen Konkurrenz das Leben schwer macht. „Organisiert durch Fünf-Jahres-Pläne baut die Volksrepublik für strategische Produkte massive Überkapazitäten auf. Diese führen dann zu Überproduktion, die auf den Weltmärkten nur abgesetzt werden kann, wenn die Preise künstlich unter die Herstellkosten gedrückt werden. Die Verluste übernimmt dann der Staat mit Hilfe von Subventionen, Umschuldungen oder gar staatseigenen Betrieben. Außerhalb Chinas kann niemand gegen derartiges Preisdumping konkurrieren", so Nitzschke weiter. Nachdem zunächst arbeits- und energieintensive Industrieunternehmen wegen dieses Vorgehens schließen mussten, treffe es nun zunehmend die Zukunftstechnologien wie erneuerbare Energien, Mobilität und Telekommunikation.
Wenn die EU-Kommission China den Status als Marktwirtschaft zugestehen würde, dann könnten künftig keine Maßnahmen gegen Dumping gegen das Land mehr ergriffen werden – zumindest solange in Europa das chinesische Inslandspreisniveau nicht unterschritten werde. „Der Marktwirtschaftsstatus für China wäre eine Lizenz zum Dumping“, warnt Nitzschke die EU-Kommission. Bis zu 3,5 Millionen Arbeitsplätze könnten nach einer Studie des Washingtoner Economic Policy Institute (EPI) auf dem Spiel stehen. AEGIS Europe forderte daher alle betroffenen Industriezweige, Unternehmen, Gewerkschaften, Verbände und Privatpersonen auf, ihren Widerstand gegen das Vorhaben im Zuge des Konsultationsverfahrens zu äußern.
Im Zuge eines von EU Prosun beantragten Anti-Dumpingverfahrens und Anti-Subventionsverfahrens gegen chinesische Hersteller kristalliner Photovoltaik-Produkte entschied die EU-Kommission im Dezember 2013 die Einführung eines Mindestimportpreises und Volumenbeschränkungen. Dieses Undertaking, das Brüssel als Kompromiss mit China ausgehandelt hatte, um die Verhängung von Anti-Dumping- und Anti-Subventionszölle zu vermeiden, galt zunächst für zwei Jahre. Im Dezember 2015 eröffnete die EU-Kommission auf Antrag von EU Prosun dann eine Auslaufprüfung. Für den Zeitraum der Untersuchung, die auf 15 Monate begrenzt ist, gelten die Mindestimportpreise zunächst weiter. Einige chinesische Photovoltaik-Hersteller sind in den vergangenen Monaten von der EU-Kommission wegen Verstößen aus dem Undertaking ausgeschlossen worden. Trina Solar zog sich freiwillig zurück. Alle diese Unternehmen müssen für ihre Photovoltaik-Importe aus China in die EU nun Importzölle von durchschnittlich etwa 50 Prozent zahlen. (Sandra Enkhardt)
Die Meldung ist nachträglich geändert worden: Die Demonstration ist für Montag (15.2.) geplant.
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